Frage an Hans-Peter Friedrich von Stephan L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Friedrich,
heute habe ich aus den Nachrichten des Senders Radio Essen erfahren, das Todesdrohungen von einem in Pakistan lebenden islamischen Terroristen gegen Mitglieder der Bürgerrechtsbewegung Pro Nrw ausgesprochen worden sind. Auch habe ich vorletzter Woche aus der Internetseite der Tagesschau "meta tagesschau" sowie der Internetseite "heute.de" http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/web/heute-Nachrichten/4672/22595562/28153a/Fatwa-gegen-iranischen-Rapper.html entnommen, dass der Großajatollalh Nasser Makarem Schirasi Iran gegen einen in Köln lebenden Iranischen Rapper eine Fatwa ausgesprochen hat mit der Aufforderung, diesen Rapper zu töten weil dieser den zehnten Imam der schiitischen Muslime beleidgt haben soll. Die Bundesregierung hat nach meiner Auffassung sich sehr zurückgehalten.
Meine Frage hierzu: Müssen Bundesbürger generell von einer erhöhten Sicherheitsgefährdung ausgehen wenn diese sich kritsich zum Islam äußern? Wie ist der Informationsstand des Bundesinnenministeriums über die Struktur der Partei Pro Nrw? Wie viele Mitglieder hat sie und wie viele stammen aus der "rechtsextremen Szene"? Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Ausschreitungen in Remscheid und Bonn wo MItglieder der Salafisten mit Steinen nach Polizisten und Passanten geworfen haben?
Über eine ausführliche Antwort von Ihnen würde ich mich sehr freuen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Stephan Luckaßen
Sehr geehrter Herr Luckaßen,
Sie wollten von mir wissen, ob Bundesbürger generell von einer erhöhten Sicherheitsgefährdung ausgehen müssen, wenn diese sich kritisch zum Islam äußern und welche Konsequenzen sich aus den aktuellen Ausschreitungen von Salafisten ergeben.
Die Bundesregierung beobachtet mit Sorge vermehrt festgestellte Aufrufe zu islamistisch motivierten Straftaten gegen Personen, die sich öffentlich kritisch gegenüber dem Islam äußerten. In dieser Entwicklung ist keine generelle Erhöhung der Gefährdungslage für Deutschland zu sehen, jedoch muss auch nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden durchaus mit einer erhöhten Gefährdung eines bestimmten Personenkreises gerechnet werden. Insbesondere sind Personen betroffen, die wegen ihrer islamkritischen Äußerungen im öffentlichen Fokus stehen oder sich medienwirksam präsentieren. Gefährdet sind aber auch Journalisten, die kritisch über Salafisten berichteten sowie Polizeibeamte, wie die Ausschreitungen gewaltbereiter Salafisten Anfang Mai in Nordrhein-Westfalen, bei den zahlreiche Polizisten zum Teil sogar schwer verletzt wurden, belegen.
Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Rechtsgut, das nach dem Grundgesetz besonderen Schutz genießt und zu den Grundpfeilern unserer Demokratie zählt. Das Verhalten von Personen oder Gruppierungen, die gewaltsam oder durch Drohungen andere an der Ausübung dieses Grundrechts hindern, ist rechtswidrig und mit unserem Demokratieverständnis nicht vereinbar. Solch ein Verhalten wird von der Bundesregierung nicht geduldet.
Verdachtsfälle, bei denen eine solche erhöhte Gefährdung vorliegen könnte, werden sehr ernst genommen und seitens der Sicherheitsbehörden sorgsam verfolgt. Im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten werden alle notwendigen Maßnahmen ergriffen, um betroffene Personen zu schützen und die Straftaten zu verfolgen.
Zudem haben Sie um Auskunft gebeten, welche Kenntnisse das Bundesministerium des Innern über die Partei „Bürgerbewegung pro Nordrhein-Westfalen“ („pro NRW“) hat.
Die Partei „pro NRW“, die nach dem Rechenschaftsbericht 2010 über 916 Mitglieder verfügt, findet - wie auch die personell eng verwobene „Bürgerbewegung pro Köln e.V.“ („pro Köln“) - in der Verfassungsschutzberichterstattung des Bundes als sogenannter Verdachtsfall Erwähnung. Dies bedeutet, dass hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen vorliegen.
Die Partei bezeichnet sich selbst als islamkritisch. Nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden stigmatisiert sie jedoch den Islam zum Feindbild, indem sie Islam und islamistische Terrorgefahr gleichsetzt, sowie soziale und gesellschaftliche Probleme und Missstände in Europa einseitig auf das Verhalten vermeintlich nicht integrierbarer Muslime reduziert. So veranstaltet „Pro NRW“ medienwirksame Anti-Islam-Kampagnen, wie beispielsweise Anti-Islamisierungs-Kongresse in den Jahren 2008 und 2009 oder einen Anti-Minarett-Kongress im Jahr 2010. Am 7. Mai 2011 luden „pro NRW“ und „pro Köln“ zum „Marsch für die Freiheit“ nach Köln ein, um unter anderem gegen die „schleichende Islamisierung und Überfremdung Europas“ zu demonstrieren. An dieser Veranstaltung beteiligten rund 330 Personen aus dem rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Umfeld.
Jüngste Kampagne war ein islamkritischer Karikaturenwettbewerb, zu dem „pro NRW“ im März diesen Jahres aufgerufen hatte. Einsendungen aus diesem Wettbewerb wurden von „pro NRW“ bei Wahlkampfveranstaltungen gezeigt und waren für die von Ihnen angesprochenen Ausschreitungen mitursächlich.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Friedrich MdB