Frage an Hans-Peter Friedrich von Julian M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Friedrich (bzw. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Herrn Friedrichs),
in wessen Namen sprechen Sie, wenn Sie eine Änderung der europäischen Grenzpolitik forden. Handelt es sich hierbei um eine Forderung und ein Ziel der Bundesregierung bzw. der Regierungskoalition oder nur der CDU/ CSU oder nur der CSU oder nur Ihre persönliche? Und wurde das Außenministerium in diese Überlegungen mit einbezogen?
Mfg
Sehr geehrter Herr Meyer,
für Ihre Anfrage per E-Mail vom 21. April 2012 zur Fragen der europäischen Grenzpolitik danke ich Ihnen.
Das Thema Schengen-Governance und insbesondere die Frage der Wiedereinführung temporärer Binnengrenzkontrollen, das derzeit die Schlagzeilen in der Presse beherrscht, ist nicht neu. Bereits Mitte des vergangenen Jahres haben sich die europäischen Staats- und Regierungschefs auf der Tagung des Europäischen Rates im Juni 2011 mit Fragen der europäischen Grenzpolitik beschäftigt und eine Stärkung der Schengen Kooperation gefordert. Konkret soll ein Mechanismus geschaffen werden, für den Fall, dass ein Mitgliedstaat seine Schengen-Verpflichtungen im Außengrenzschutz nicht mehr erfüllt. Als allerletzte Möglichkeit, wenn jegliche Unterstützung des betroffenen Mitgliedstaates keine Abhilfe bringt, soll eine Schutzklausel die temporäre Wiedereinführung der Binnengrenzkontrolle vorsehen.
Ziel dieses Mechanismus ist die Stärkung der Schengen-Kooperation. Dies dient im Weiteren auch dem Erhalt und dem Schutz der Freizügigkeit. Die Europäische Kommission hat zur Umsetzung dieses Auftrags im September 2011 Vorschläge vorgelegt, die allerdings über dieses Ziel weit hinausgehen. Sie beansprucht Entscheidungshoheit bei der Wiedereinführung von temporären Binnengrenzkontrollen.
Ende 2011 hat die Bundesregierung zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission ihre Position festgelegt. Diese gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt abgestimmte Linie beinhaltet in wesentlichen Punkten aber auch Kritik gegenüber den Kommissionsvorschlägen.
Aus Sicht der Bundesregierung spielt die Unterstützungskomponente für den betroffenen Mitgliedstaat bei dem neuen Mechanismus eine herausragende Rolle. Es geht in allererster Linie darum, den Mitgliedstaat, der seinen Schengen-Verpflichtungen im Außengrenzschutz nicht mehr nachkommt, so zu unterstützen, dass rasch Abhilfe geschaffen wird. Eine starke, koordinierende Rolle der Kommission kann hierbei deutlichen europäischen Mehrwert bringen.
Aber in außergewöhnlichen Situationen, wenn Abhilfe nicht geschaffen werden kann, müssen Ausnahmen möglich sein. Ich setze mich daher auf dem Brüsseler Parkett dafür ein, dass die Mitgliedstaaten in solch außergewöhnlichen Situationen die Möglichkeit zu bekommen, an den Binnengrenzen temporär Grenzkontrollen wieder durchführen zu können. Dies dient dem Schutz aller Bürgerinnen und Bürger im Schengenraum. Und der Mechanismus soll darüber hinaus vorsehen, dass wir auf europäischer Ebene bei solchen Situationen ein koordiniertes Vorgehen im Kreis der europäischen Innenminister abstimmen können. Dies ist ganz auf der von der Bundesregierung abgestimmten Linie.
Die Stärkung der Schengener Governance ist ein wichtiges Anliegen. Es geht nicht darum, ‚Schengen auszusetzen‘, sondern darum, mit dem neuen Mechanismus das Schengener Regelwerk zukunftsfähig zu machen. Freizügigkeit ist eine große Errungenschaft und muss bewahrt werden, ebenso wie die Errungenschaft eines grenzkontrollfreien Reisens innerhalb des Schengenraumes.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Friedrich MdB
Bundesminister des Innern