Frage an Hans-Peter Friedrich von Johannes K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Friedrich,
Bei der Verfolgung der Nachrichten zum Thema Rechtsextremismus habe ich mich in den letzten Wochen sehr geärgert. Einerseits habe ich mich sehr darüber wundern müssen, warum nicht deutschlandweit nach den drei Personen gefahndet wurde, die sich nun als rechtsextreme Terroristen entpuppt haben.
Andererseits war ich schockiert darüber, dass große Summen von Steuergeldern an V-Leute geflossen sind, die wiederum einen Großteil dieses Geldes direkt in die Finanzierung ihrer rechtsradikalen Aktivitäten (z.B. NPD-Werbung) haben hineinfließen lassen. Bekämpfen wir den Rechtsterror nun oder subventionieren wir ihn?
Aus meiner Sicht ist das Konzept der V-Leute vollkommen unlogisch. Überzeugte Extremisten werden finanziell bei ihren Aktivitäten unterstützt und erlangen Straffreiheit für ihre widerrechtlichen Handlungen. Im Gegenzug liefern sie - als überzeugte Radikale - natürlich keine Informationen, die dem Verfassungsschutz wirklich die Möglichkeit geben würden, geplante Verbrechen zu unterbinden. Können Sie mir erklären, was der Nutzen davon sein soll, Millionen von Euro in die Finanzierung verfassungsfeindlicher Aktivitäten zu stecken?
Vielen Dank und beste Wünsche,
Johannes Katsarov
P.S. Ich finde den Verfassungsschutz toll und habe schon viele seiner Publikationen gelesen. Ich finde es auch gut, dass radikale Netzwerke überwacht werden, sofern es ernstzunehmende Hinweise gibt, dass die überwachten Personen verfassungsfeindlich gesonnen sind. Ich bin aber dagegen, dass verfassungsfeindliche Menschen/Aktivitäten finanziell von den Steuerzahler/innen gefördert werden.
Sehr geehrter Herr Katsarov,
Herr Minister Dr. Friedrich MdB bedankt sich für Ihr Schreiben auf „Abgeordnetenwatch“ .Er hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.
Die jüngsten Ereignisse um die „Zwickauer Zelle“ geben Anlaß zur Überprüfung der bisherigen Strukturen zur Bekämpfung rechtsextremistischer, terroristischer Aktivitäten. Es wurden bereits erste Maßnahmen ergriffen, um diesen– in Intensität und Ausmaß auch von den Sicherheitsbehörden unterschätzten – Bedrohungen effektiv zu begegnen. Beispielhaft möchte ich die Stärkung der sog. Zentralstellenfunktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz hervorheben: Dem Bundesamt werden künftig nicht nur im Bereich des islamistischen Terrorismus, sondern auch im Bereich des rechtsextremistischen Terrorismus alle Informationen direkt von den Landesbehörden für Verfassungsschutz übermittelt. Sie können danach zentral ausgewertet werden. Wichtige Informationen erhält das Bundesamt auf diese Weise nun ungefiltert und unmittelbar. Nach ihrer Auswertung können die Informationen zur Verhinderung rechtsterroristischer Aktionen direkt genutzt werden.
Für Ihre Kritik der Verwendung von Steuermitteln beim Einsatz sog. V-Leute habe ich Verständnis. Gleichzeitig ist der Einsatz von V-Leuten, wie Herr Minister Dr. Friedrich immer wieder betont hat, im Ergebnis unverzichtbar. Nur durch den Einsatz von Menschen bei den entsprechenden rechtsextremistischen Organisationen ist gewährleistet, dass dem Verfassungsschutz die Informationen zugetragen werden, die zur Erfüllung nachrichtendienstlicher Tätigkeit erforderlich sind und zur Verhinderung von Straftaten beitragen können. In der Regel geben V-Leute für den Verfassungsschutz relevante Informationen weiter. Ausnahmen von dieser Regel rechtfertigen es nicht, auf den Einsatz der V-Leute generell zu verzichten.
V-Leute dürfen bei Ihrem Einsatz grundsätzlich keine Straftaten begehen, wie sich aus § 3 Absatz 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) ergibt. Nach dieser Vorschrift sind die Verfassungsschutzbehörden und damit auch die für den Verfassungsschutz tätigen Personen an Recht und Gesetz gebunden. Bestimmte Handlungen von Mitarbeitern des Verfassungsschutzes können aber in Wahrnehmung des sog. Amtsrechts aufgrund der in § 8 Abs. 2 BVerfSchG enthaltenen Befugnis zur Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel gerechtfertigt sein. Auf diese Weise können V-Leute im Einzelfall z.B. bei Propagandadelikten Straffreiheit erlangen. Schwere Straftaten wie Tötungsdelikte, Körperverletzung oder Brandstiftung unterliegen dagegen keiner Rechtfertigung durch die Wahrnehmung des Amtsrechts.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Kathrin Haße
(wiss. Mitarbeiterin)