Frage an Hans-Peter Friedrich von Arno K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Friedrich,
verzeihen Sie mir, wenn ich als technisch versierter Bürger das Gefühl bekomme, dass sich manche reaktionären Kräfte in Deutschland nach Anschlägen immer wieder auf alte Feindbilder zurückfallen.
Und zwar sind es grundsätzlich technologische Entwicklungen an denen sich die Politiker versuchen, bei denen manche Bürger Ihnen - Verzeihung - nicht die geringste Fachkompetenz für eine Aussage zutrauen - wie z.B. für "Anonymität im Internet beenden".
Ist es nicht symptomatisch, dass gerade ältere Semester unter den Politikern bei genauerer Überprüfung immer wieder beweisen, dass sie gar nicht verstehen, wie das Internet und seine Bedeutung für die Demokratie überhaupt funktioniert?
Ist Ihnen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein Begriff?
Lieber Herr Dr. Friedrich: Der Attentäter in Norwegen hat die Jugendlichen auf der Insel mit Feuerwaffen erschossen und die Behörden in Norwegen haben bei der Kontrolle bei dem Verkauf des Düngemittels versagt.
Ca. 75% der Menschen in Deutschland besitzen einen Internetzugang aber weitaus weniger (1,4 Millionen Personen laut DSB Ende 2010) sind Mitglieder in einem Schützenverein. Es sticht förmlich ins Auge, wie viele Attentäter der letzten Jahre Mitglied in einem deutschen Schützenverein waren.
Es läge also nahe, per Gesetz zunächst bei der Organisation der Schützenvereine bzw. deren Waffengebrauch neu zu regeln. Aber hier gratulierten Sie erst im Juli zu 150 Jahren Deutscher Schützenbund (!!). Vielleicht weil ein großer Teil der Stammwählerschaft der CSU in Bayern Mitglieder in Schützenvereinen sind? Wie dürfen wir Bürger so etwas verstehen?
Ich bin gespannt auf Ihre Antwort, vor allem, welche gesetzlichen Einschränkungen Sie in Bezug auf Schützenvereine umsetzen möchten!
Sehr geehrter Herr Kasling,
mit dem Thema Anonymität im Internet sprechen Sie einen wichtigen Punkt an. Die Frage nach der Anonymität im Internet hat viele Facetten und lässt sich nicht mit einem klaren Ja oder Nein, Schwarz oder Weiß beantworten. Meine jüngsten Äußerungen, auf die Sie anspielen, bezogen sich auf Blogs, in denen Menschen unter Pseudonymen radikale politische Ansichten verbreiten. Sie bilden Fassaden, hinter die niemand schauen soll. Sie entziehen sich damit der demokratischen Streitkultur. Das mag ihr gutes Recht sein, aber es ist letztlich feige. Was ist davon zu halten, dass gerade diejenigen, die mit ihren politischen Radikalthesen am lautesten prahlen, sich hinter einer Maske verstecken? Warum streiten sie nicht mit offenem Visier? Mir geht es um eine demokratische Streitkultur, nicht um demokratiefeindliche Zensur oder Überregulierung.. Selbstverständlich gibt es im Internet Bereiche wie etwa die Seelsorge oder andere Beratungsangebote, für die die Wahrung von Anonymität im Interesse der Menschen unverzichtbar ist. Dies zu beschränken war nie meine Absicht.
Zu Ihren Fragen bezüglich Waffenrecht und Schützenvereinen gilt es Folgendes zu bedenken. In unserer heutigen, immer individuelleren Gesellschaft, leisten unter anderem auch die Schützenvereine einen vorbildlichen Beitrag für unser Gemeinwohl. Neben der Pflege von Tradition und Brauchtum wird mit der generationenübergreifenden Zusammenarbeit bei jungen Menschen das Gefühl der Zugehörigkeit zum und die Verantwortung für unser Gemeinwohl gestärkt.
Der Deutsche Schützenbund (DSB) blickt auf 150 Jahre Verbandsgeschichte zurück und damit auf ausgezeichnete Erfolge im Spitzensport mit 15 Gold-, 21 Silber- und 15 Bronzemedaillen, erkämpft von den Schützinnen und Schützen bei den Olympischen Spielen. Ein solches Ergebnis ist nur durch langjährige Förderung von Jugend- und Breitensport möglich. Mit 1,5 Millionen Mitgliedern in zwanzig Landesverbänden und 15.000 Vereinen ist der DSB heute der viertgrößte Sportverband in Deutschland.
Nach Straftaten mit legalen Schusswaffen von Sportschützinnen und Sportschützen müssen die Ursachen und begünstigenden Umstände für eine solche Tat untersucht werden. Pauschale Forderungen nach einem Verbot oder der Einschränkung des Schießsports sind da nicht zielführend.
Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren bereits mehrfach nach sorgfältiger Evaluierung das Waffenrecht verschärft. Zuletzt im Jahr 2009 nach dem Amoklauf in Winnenden. Der Gesetzgeber hat damit ein sorgfältiges Regelwerk aufgestellt, das eine gute Balance wahrt, zwischen den berechtigten Interessen der Sportschützinnen und Sportschützen und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die bei allen Überlegungen des Gesetzgebers in jedem Fall Vorrang hat. Deutschland gehört damit zu den Ländern mit einem sehr restriktiven Waffengesetz, eine absolute Sicherheit vor dem Missbrauch von Schusswaffen gibt es jedoch nicht. Die Evaluation des Waffenrechts ist ein stetiger Prozess, in den die Erfahrungen der Länder bei der Durchführung des Waffengesetzes einfließen. Es ist unbestritten, dass insgesamt die größte Gefahr vom illegalen Waffenbesitz ausgeht und statistisch gesehen die Zahl der Missbrauchsfälle im Bereich des legalen Waffenbesitzes im Vergleich zum illegalen Waffenbesitz gering ist.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Friedrich, MdB