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Hans-Peter Friedrich
CSU
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Frage von Ewgeni D. •

Frage an Hans-Peter Friedrich von Ewgeni D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Friedrich,

jetzt nach dem Anschlag in Norwegen sind wieder mal die deutschen Politiker die Ersten, die was von Verbote und Verschärfung erzählen. Da wurden die Opfer nicht mal beerdigt und schon kommen die üblichen Personen mit den üblichen Methoden, um jeden Bundesbürger unter Generalverdacht zu stellen. Die SPD will am liebsten die NPD verbieten und erwähnt nicht die möglichen Konsequenzen. Ihr bei der CDU & ganz besonders bei der CSU wollt am liebsten die Vorratsdatenspeicherung zurück. Bei der Gewerkschaft der Polizei will man eine Warndatei. Das ist das typische populistische und opportunistische Verhalten der deutschen Politiker. Man legt kein Wert auf Freiheit und Festigung der Demokratie (gut, eher Ausbau der Demokratie. Denn eine echte Demokratie ist es ja eher nicht. Die Bevölkerung hat nicht viel zu bestimmen - außer alle Jahre wieder paar Kreuzchen zu machen). Die Freiheit der Bundesbürger wird eingeschränkt und jetzt will man jeden Bundesbürger sogar (wieder) unter Generalverdacht stellen. Kurz nach Ihrem Amtsantritt als Bundesinnenminister haben Sie schon die Vorratsdatenspeicherung verlangt (wohl durch den Druck der EU). Das deutsche Volk kann man heute nicht mehr so veräppeln und ihnen erzählen, dass durch die Vorratsdatenspeicherung alles sicherer wäre und man Einzeltäter vor einem Attentat kriegen könnte. Meiner Meinung nach sind es einfach Lügen, um mit der EU keine Probleme zu bekommen. Deutsche Politiker (unter anderem Sie und Ihre Kollegen Herr Herrmann & Herr Uhl) sollten sich ein Beispiel an Norwegen nehmen. Dort geht man andere Wege. Und zwar: Gesellschaft stärken. Also, wieso stärken Sie die Gesellschaft nicht? Wieso stärken und erweitern Sie die Demokratie nicht - so wie in Norwegen? Wieso denken Sie und Ihre Kollegen nur an Überwachung und Verbote?

Ewgeni Dimke

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Dimke,

vielen Dank für Ihren Beitrag zur derzeitigen sicherheitspolitischen Diskussion.

Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass eine Stärkung der Demokratie in der Gesellschaft die richtige Antwort auf die erschütternden Attentate von Oslo ist. Unser Mitgefühl und Anteilnahme gelten den Opfern, Ihren Angehörigen und der ganzen norwegischen Bevölkerung.

Als Bundesinnenminister ist mir der Dialog mit und zwischen Menschen auch in unserer Gesellschaft sehr wichtig. Dies beginnt mit der Deutschen Islam Konferenz und der von mir initiierten Sicherheitspartnerschaft mit muslimischen Verbänden. Gerade bei dieser Sicherheitspartnerschaft konnte ich gegenüber den Vertretern muslimischer Organisationen deutlich machen, dass eine Zusammenarbeit wichtig und auch im Interesse der Muslime ist. Mein Ziel ist es, das Miteinander und den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken. Dazu gehört der offene, von gegenseitigem Respekt getragene und unvoreingenommene Dialog, wie wir in beispielsweise auch im Rahmen der Islamkonferenz mit Vertretern von muslimischen Glaubensgemeinschaften und muslimischen Vertretern unserer Gesellschaft pflegen.

Die Bundesregierung ist nicht nur aktiv im „Kampf gegen“ Extremismus jeglicher Ausrichtung. Sie möchte auch, den gesellschaftlichen Zusammenhalt aktiv und unter Beteiligung möglichst vieler gesellschaftlicher Kräfte weiterentwickeln. Engagement für Demokratie und Vorbeugung von Extremismus sollen langfristig und nachhaltig sein. Schwerpunkte werden hierbei in eher strukturschwachen ländlichen und kleinstädtischen Regionen. Details können Sie u.a. unter http://www.zusammenhalt-durch-teilhabe.de nachlesen. Wichtige Zielgruppen des Programms sind Vereine und Verbände sowie Kommunen. In diesen Bereichen entstehen bürgerschaftliches Engagement, Demokratiebildung, Gemeinsinn und die Bildung lokaler oder regionaler Identitäten. Dies alles hilft, eine engagierte, konfliktfähige und pluralistische Gesellschaft zu unterstützen, die über die Fähigkeit der Selbstimmunisierung gegen extremistische Einflüsse verfügt. Die Bundeszentrale für politische Bildung macht darüber hinaus zahlreiche Teilhabeangebote, informiert und berät und wendet sich besonders auch an sog. "politik- und bildungsferne" Bevölkerungsgruppen. Das Bündnis für Demokratie und Toleranz bündelt und vernetzt Initiativen der Zivilgesellschaft.

An diesen Projekten wirken viele Menschen unter hohem Einsatz mit und gestalten die Gesellschaft damit mit ihren Fähigkeiten und Kenntnissen über den Wahlakt hinaus mit.

Es gibt nicht nur ein aktives, sondern auch ein passives Wahlrecht. Auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene wirken sehr viele gewählte Vertreterinnen und Vertreter an der Politikgestaltung mit. Initiativen und Verbände, Vereine und selbstverständlich auch politische Parteien, die sich über neue Mitglieder freuen, bilden das Rückgrat unserer Zivilgesellschaft einschließlich der Politikgestaltung vor Ort und bewirken vieles in Bereichen, in die die Bundespolitik gar nicht hineinregieren könnte. In vielen deutschen Ländern werden Bürgerbegehren und Volksentscheide durchgeführt, führen zu breiten politischen Diskussionen unter uns Bürgern und beeinflussen die politische Agenda. Auch im Bundestag nehmen Bürgerinnen und Bürger mit ihren Petitionen und Eingaben direkten Einfluss auf die Fragen, mit den das Parlament sich beschäftigt.

Deutlich entgegentreten möchte ich dem Missverständnis, durch Mindestspeicherfristen würden die Menschen unter einen Generalverdacht gestellt werden. Aufzeichnungs- und Mindestaufbewahrungsfristen bestehen in einer entwickelten Gesellschaft aus gutem Grunde in großem Umfang. Jedes Unternehmen ist zum Beispiel nach dem Handelsgesetzbuch und der Abgabenordnung verpflichtet, genau Buch zu führen, Belege wie etwa Rechnungen für einige Jahre aufzubewahren und in diese Unterlagen auf Verlangen dem Finanzamt Einsicht zu gewähren. Ich würde mich freuen, wenn die Diskussion auch im Bereich der Mindestspeicherfristen für Telekommunikationsdaten etwas gelassener geführt würde. Auch nicht jeder Autofahrer steht unter einem Generalverdacht, nur weil sein Fahrzeug mit einem Nummernschild ausgestattet ist, was - soweit im Einzelfall erforderlich - eine Strafverfolgung ermöglichen kann.

Mit freundlichen Grüßen

(N.d.H. Ministers)

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