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Hans-Peter Bartels
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Frage von Melanie K. •

Frage an Hans-Peter Bartels von Melanie K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Dr. Bartels,

im Rahmen unseres Grundkurses Religion im 12. Jahrgang der Ricarda-Huch-Schule haben wir uns in den letzten Wochen mit dem Thema der Gentechnik und im Besonderen mit der Frage der embryonalen Stammzellforschung und des Stammzellgesetzes auseinander gesetzt. Hierzu haben wir eine ganze Reihe von Fragen, von denen wir Ihnen gerne drei Fragen stellen würden. Wir würden uns über eine kurze Antwort Ihrerseits freuen, sind uns aber bewusst, dass die damalige Entscheidung eine Gewissens- und damit sehr persönliche Entscheidung für die einzelnen Abgeordneten gewesen ist.
Zum einen haben wir uns gefragt, welche(r) Aspekt(e) damals Sie bei Ihrer Entscheidung geleitet hat/haben. War es Ihnen damals wichtiger, die Forschung `voranzutreiben´ oder aber die Menschenwürde zu wahren?
Zweitens wird aus unserer Sicht in § 1 Abs. 2 die Verantwortung Deutschlands auf andere Staaten übertragen, d.h. Deutschland `zieht sich aus der Affäre´. Hatten Sie bei diesem Punkt Bedenken oder unterstützen Sie diese `Umverteilung´ der Verantwortung?
Und drittens: Wie steht es Ihrer Meinung im Jahre 2007 mit dem Stammzellgesetz? Halten Sie es in Teilen (und wenn ja, in welchen) für reformbedürftig, wie es in den letzten Jahren immer wieder, u.a. vom DFG-Präsidenten, gefordert wurde und wird?

Mit freundlichen Grüßen,

Grundkurs Religion 12. Jahrgang, Ricarda-Huch-Schule

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Krüger,
liebe Schülerinnen und Schüler des Grundkurses Religion,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Stammzellengesetz.

Das Thema ist vor fünf Jahren sehr intensiv im Parlament beraten worden. Dem Bundestag lagen Anfang 2002 drei Gruppenanträge vor. Eine Zusammenfassung der Anträge finden Sie im Internetangebot des Bundestages ( http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2002/2002_027/04.html ).

Ich habe mich damals nach sehr ausführlichen Diskussionen entschieden, die Position meiner damaligen, in dieser Frage sehr engagierten Fraktionskollegin Margot von Renesse zu unterstützen. Der Antrag „Keine verbrauchende Embryonenforschung: Import humaner embryonaler Stammzellen grundsätzlich verbieten und nur unter engen Voraussetzungen zulassen" (Bundestagsdrucksache 14/8102) wurde von knapp 190 Abgeordneten aller Fraktionen unterstützt und sprach sich im Kern für eine gesetzliche Regelung aus, die Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot des Imports embryonaler Stammzellen für Forschungsvorhaben nur unter strengen Auflagen zulässt. So sollten u.a. Alternativen wie die Forschung am Tiermodell oder die Verwendung anderer Arten von menschlichen Stammzellen nach dem anerkannten Stand von Wissenschaft und Forschung für das Ziel des Forschungsvorhabens nicht in vergleichbarer Weise erfolgversprechend sein. Auch sollte der Import auf bestehende Stammzelllinien, die bis zu einem bestimmten Stichtag etabliert wurden, beschränkt werden. Der Antrag nennt einige weitere Bedingungen. Diese Position fand Ende Januar 2002 im Bundestag eine Mehrheit und bildete die Grundlage für das wenig später verabschiedete Gesetz.

Die anderen beiden Anträge ("Schutz der Menschenwürde angesichts der biomedizinischen Möglichkeiten - Kein Import embryonaler Stammzellen", Drs. 14/8101 und "Verantwortungsbewusste Forschung an embryonalen Stammzellen für eine ethisch hochwertige Medizin", Drs. 14/8103), die damals zur Abstimmung standen, können ebenfalls im Internet angerufen werden ( http://dip.bundestag.de/parfors/parfors.htm ).

Ich weiß, dass es sehr gewichtige, grundsätzliche Argumente gegen den Import embryonaler Stammzellen gab und gibt. Aber auch das Argument möglicher Heilung bei schwerer Krankheit durch neue medizinische Kenntnisse und Fähigkeiten ist ein ganz existenzielles. Deshalb habe ich mich für die „mittlere Position“ entschieden. Ihre Zuspitzung der Entscheidung auf die Frage, entweder die „Forschung voranzutreiben“ oder die Menschenwürde zu wahren, halte ich für nicht ganz korrekt. Keiner Seite in dieser mit sehr großer Ernsthaftigkeit geführten Diskussion würde ich unterstellen, ihr sei die Menschenwürde weniger wichtig.

Ihre Sicht, dass Deutschland sich durch die Bestimmungen des Stammzellengesetzes „aus der Affäre“ zieht und die Verantwortung auf andere Staaten überträgt, teile ich nicht. Durch die Stichtagsregelung wird auch in anderen Ländern kein Anreiz gegeben, Embryonen zu vernichten, um Stammzellen für die Forschung (in Deutschland) zu gewinnen. Wir können uns als Deutscher Bundestag allerdings nur auf Regeln verständigen, die für Deutschland gelten. Andere Länder müssen selbst entscheiden, wie sie mit der ethischen Frage der Embryonenforschung umgehen. Gerade in den USA gibt es sehr kontroverse Debatten darüber.

Zur Frage einer möglichen Reform des Gesetzes: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat sich Anfang des Jahres für Änderungen ausgesprochen. Die DFG-Stellungnahme wird derzeit vor allem von den Forschungspolitikern sehr gründlich ausgewertet (vielleicht ist die Pressemitteilung meines Fraktionskollegen Jörg Tauss zur DFG-Stellungnahme für Sie von Interesse: http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,40195,00.html ). Anfang Mai wird es eine Anhörung des Bildungs- und Forschungsausschusses des Bundestages zur Frage der Weiterenteicklung des Stammzellengesetzes geben. Die Ergebnisse dieser Expertenanhörung werden eine Grundlage für die weitere Diskussion im Parlament sein.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Peter Bartels