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Hans-Michael Goldmann
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Frage von Ralph A. •

Frage an Hans-Michael Goldmann von Ralph A. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Goldmann,

ich bin politisch interessiert und würde mich gerne mehr informieren.
Mein Hauptinteresse liegt in der Energie- und Wirtschaftspolitik,
weshalb ich mich für den LK Geographie meines Gymnasiums
entschieden habe.

Nun hätte ich ein paar Fragen zur EU-Agrarwirtschaft
1. Könnten Sie mir die Hintergründe genauer erläutern?
Also z.B. welchen Zweck die Subventionierung und Einfuhrzölle
haben/hatten
2. Worum handelt es sich bei der Kulturlandschaftsprämie?
3. Wie würden Sie die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Landwirtschaft steigern?
4. Sehen Sie in der Liberalisierung der Gentechnik (grüne Gentechnik),
also frühe Veränderung des Saatgutes etc. Chancen für die
Landwirtschaft? Wenn ja, welche genau?

Über eine möglichst baldige Beantwortung meiner Fragen würde
ich mich sehr freuen.

MfG,
Ralph Apfelbacher, Schüler

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Apfelbacher,

leider hat die Antwort wegen der Urlaubszeit ein paar Tage warten müssen. Zu Ihren vier Fragen könnte man viele, viele Seiten füllen. Ich will versuchen das wichtigste zusammenzufassen.

1.
Die gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Gemeinschaften (heute Europäische Union) wurde insbesondere auf Druck Frankreichs eingeführt, weil das Land damals noch deutlich stärker argarisch ausgerichtet war als heute und die Franzosen darüber einen Ausgleich für die zu erwarteten Vorteile für die deutsche Industrie durch die Europäischen Gemeinschaften erzielen wollten.
Ganz grundsätzlich sollten staatliche Hilfen an die Bauern die Ernährungssicherheit der Bevölkerung sicherstellen. Subventionen wurden praktisch in allen europäischen Ländern (auch Nicht-EU-Mitglieder) gezahlt. Im Laufe der Zeit wurden manche landwirtschaftlichen Produktionszweige aber außerhalb Europas immer günstiger produziert, weshalb man die heimischen Bauern durch Importzölle schützte (eine Vorgehensweise seit Beginn des Merkantilismus und nicht auf die Landwirtschaft beschränkt).

2.
Bis vor einigen Jahren wurden die staatlichen Hilfen für die Bauern für die erzeugten Produkte (allerdings waren einigen Produktionszweige, wie z.B. die Schweinezucht, hiervon ausgenommen) bezahlt. D.h. je mehr ich produzierte, desto mehr Subventionen erhielt ich. Das führte u.a. zu Milchseen und Butterbergen.
Schließlich wurden zahlreiche Reformen durchgeführt, um einerseits die Bauern nicht völlig im Regen stehen zu lassen und andererseits die Überproduktion zu beenden, ohne aber wirklich durchgreifenden Erfolg zu erzielen.
Die FDP beschloss deshalb 2001 das Konzept der Kulturlandschaftsprämie. Ausgehend von der These, dass es im gesamtgesellschaftlichen Interesse ist, dass die europäische Kulturlandschaft erhalten werden soll und Brachland durch aufgegebene landwirtschaftliche Produktion nicht erstrebenswert ist und ausgehend von dem Wunsch in Europa auch weiterhin sehr hohe Umwelt- und Tierschutzstandards in der landwirtschaftlichen Produktion zu erhalten, auch wenn dies viele europäische landwirtschaftliche Produkte deutlich teurer macht, als Preise am Weltmarkt zu erzielen sind, forderten wir die Produktsubventionen abzuschaffen und stattdessen produktunabhängige Flächenprämien zu bezahlen, für das bewirtschaften der Kulturlandschaft unter Einhaltung der hohen Umwelt- und Tierschutzstandards. Dieses Model ist weitgehend durch die letzte große Agrarreform umgesetzt worden.

3.
Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft steigert man vor allem durch folgende Maßnahmen:
- Umsetzung europäischer Vorgaben in Deutschland 1 zu 1, d.h. keine strengeren, kostenintensiveren Vorschriften als bei unseren europäischen Nachbarn
- der unternehmerische Landwirt muss im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen, also der Landwirt der konventionell oder ökologisch seinen Betrieb am Markt ausrichtet
- weg mit überflüssiger und überbordender Bürokratie

4.
Die grüne Gentechnik birgt viele Chancen für die Landwirtschaft. Gerade im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe könnte die grüne Gentechnik zu deutlichen Effizienzsteigerungen beitragen. Sie könnte auch helfen, den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen oder den Kampf um die Beendigung des Hungers in der Welt vorantreiben. Wir wissen nicht, was die grüne Gentechnik tatsächlich noch alles leisten kann, aber es wäre meiner Meinung nach dumm, sich von vornherein aller Chancen zu berauben. Die Sinnhaftigkeit der Gentechnik in anderen Bereichen war auch zunächst nicht absehbar, bis es z.B. gelang, Insulin gentechnisch herzustellen. Darauf wollte heute auch niemand mehr verzichten.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Hans-Michael Goldmann