Frage an Hans-Jörn Arp von Colin C. bezüglich Kultur
Guten Tag Herr Arp,
mich interessiert ihre Meinung zur geplanten Änderung der GEZ ab 2013.
Hier eine Liste von genauen Punkten, die meiner Ansicht nach gegen diese Reform sprechen:
- Die GEZ bleibt bestehen. Sie wird sogar vergrößert. Was soll das ? Wenn eh schon fast jeder Deutsche zahlen soll, wieso dann nicht ohne die ganze teure GEZ Bürokratie über eine Steuer ? Auch wird der GEZ erlaubt werden, sich Daten vom Einwohnermeldeamt zu holen. Vom Datenschutz her bedenklich ? Ich denke schon.
- kleine und mittelständische Betriebe werden stärker belastet werden. z.B. Autohändler werden hohe Mehrkosten haben, weil ja die Autoradios in ihren Autos alle so viel genutzt werden...
- Schwerstbehinderte werden ins Visier der GEZ geraten, da eben nur "Taubblinde" befreit werden sollen. Als Blinder fürs Fernsehen eine Gebühr zahlen müssen. Ist das nicht glatt beleidigend ?
- Hartz IV Empfänger sollen dann auch zahlen, ihnen wird das Geld über das Wohngeld erstattet werden. Führt zu noch mehr Bürokratie und damit Kosten.
- ARD und ZDF werden mehr Geld haben, was sie damit tun werden, ist nicht vorgegeben, Werbung dürfen sie weiterhin senden. Werbung in einem Medium, das doch unabhängig von Quoten sein soll, ist bereits heute eine Unverschämtheit.
- Die zunehmende Trivialisierung der Programme wird nicht durch inhaltliche Vorgaben entgegengegangen.
- Die Reform fordert Mieter auf, bei einem Anzug einen Grund für den Umzug anzugeben. Eine Information, die sonst nicht einmal den Vermieter, dessen Wohnung verlassen wird, etwas angeht. Sollte der Mieter keine Informationen geben, wird der Vermieter angehalten, diese zu beschaffen. Ein Behörde, die Wissen will, wieso die Bürger umziehen. Der Überwachungsstaat lässt grüßen ?
Mich persönlich ärgert diese Reform sehr. Sie macht nichts besser, sie macht es alles nur noch schlimmer. Bisher kann man wenigstens sein Desinteresse mit dem Nicht-Besitz eines TV Gerätes ausdrücken. Aber ab 2013 ?
MfG
Colin Clausen
Sehr geehrter Herr Clausen,
herzlichen Dank für Ihre E-Mail vom 30. August 2011 zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Zu den von Ihnen geäußerten 7 Kritikpunkten möchte ich wie folgt Stellung nehmen:
1. Die Bedeutung der GEZ soll durch den Staatsvertrag geringer werden. Etwa 90 % des Einnahmenaufkommens für den öffentlichen Rundfunk werden derzeit über private Haushalte erhoben - also über die GEZ. Damit verbunden ist, dass Personal der GEZ bislang bei den Bürgern „vor Ort“ vorstellig wird - auch hierin liegt eine erhebliche datenschutzrechtliche Fragestellung. All diese GEZ-Kontrollen privater Haushalte werden aber künftig üerflüssig, wenn die ohnehin bei den Einwohnermeldeämtern zur Verfügung stehenden Daten zur Beitragserhebung genutzt werden können. Hierin ist keine Verschlechterung zu sehen. Einen Personalaufwuchs bei der GEZ halte ich deswegen allerdings ebenfalls nicht für gerechtfertigt und stehe dagegen.
2. Nicht alle kleinen und mittelständischen Betriebe werden stärker belastet. Es wird für einige Vorteile und für andere Nachteile geben - pauschale Aussagen sind hierüber nicht zu treffen. Dass grundsätzlich auch die Privatwirtschaft ihren Beitrag an der Finanzierung der öffentlichen Aufgabe „Rundfunk“ leisten muss, ist in einer sozialen Marktwirtschaft allerdings selbstverständlich.
Die Beitragsstaffelung in § 5 Abs. 1 des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags wurde im Zuge der Verhandlungen um den Vertrag übrigens noch einmal so verändert, dass kleine Betriebe etwas besser dastehen, als nach den ersten Überlegungen vorgesehen.
Recht gebe ich Ihnen allerdings, dass die Geräteabgabe für Autoradios schnellst möglich nach einer Evaluierung der (finanziellen) Auswirkungen des neuen Staatsvertrags gestrichen werden sollte. Das Land Schleswig-Holstein hat - auf Grund einer Anregung aus der CDU-Landtagsfraktion heraus - zu dem Staatsvertrag eine eigene Protokollerklärung abgegeben: Diese Aussage ist in der Diskussion wichtig und ich bitte Sie, diese der als Anlage beigefügten Drucksache 17/1336 auf Seite 35 zu entnehmen.
3. Für behinderte Menschen wird es - nach wie vor - Befreiungen oder Ermäßigungen von der Beitragspflicht geben. Dies ist in § 4 des Staatsvertrags geregelt. In § 4 Abs. 1 Nr. 10 findet sich zudem die Möglichkeit, dass taubblinde Menschen vollständig von der Beitragspflicht befreit werden. § 10 Abs. 2 Nr. 1 ist weiterhin zu entnehmen, das blinde Menschen lediglich einen ermäßigten Rundfunkbeitrag von 1/3 bezahlen müssen.
Ich teile Ihre Einschätzung, dass ein blinder Mensch schwerlich einen vollen Beitrag bezahlen kann. Die Drittelgebühr rechtfertigt sich aber auch aus der Möglichkeit, erstens Radioprogramme und zweitens auch das sog. „barrierefreie“ Fernsehen in Anspruch nehmen zu können. Anmerken darf ich auch hierzu, dass es zu dem Staatsvertrag auch Stimmen aus dem Bereich von Organisationen gibt, die Menschen mit Behinderungen vertreten, die die Gleichberechtigung nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch bei den Gebühren für ein Selbstverständnis halten. Vielleicht nicht die Mehrheitsmeinung - aber es gibt auch solche Auffassungen.
4. Arbeitslosengeld II: Nicht jeder Empfänger von Arbeitslosengeld II muss den neuen Rundfunkbeitrag zahlen (§ 4 Abs. 1 Nr. 3), sondern nur solche, bei denen Zuschläge gewährt werden, die die Höhe des Rundfunkbeitrags übersteigen. Der Gesetzgeber hat hier auch dem Abstandgebot gegenüber regulären Beschäftigungsverhältnissen Rechnung zu tragen: Es ist nicht gut, wenn Menschen von SGB II-Leistungen leben müssen - aber es ist auch nicht gerecht, wenn sie dann im Rundfunkbeitragsrecht besser stehen, als Beschäftigte mit einem geringen Einkommen.
5. Es wird sich in der Tat zeigen müssen, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten tatsächlich Mehreinnahmen erzielen. Wenn dies der Fall sein wird - wofür Einiges spricht -, bin ich der Meinung, dass diese Mittel für eine Senkung der Rundfunkbeiträge verwendet werden sollten. Im Übrigen bin ich auch der Auffassung, dass auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt zu mehr Sparsamkeit kommen muss.
6. Die teilweise erfolgende Trivialisierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme sehe auch ich kritisch. In der Medienpolitik der CDU-Landtagsfraktion ist es ein Kernanliegen, zu einer höheren Qualität in der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung zu kommen.
7. Wegen Ihrer Frage zu den Informationspflichten von Vermietern bitte ich Sie, den ebenfalls in der Anlage beigefügten Umdruck 17/2623 zur Kenntnis zu nehmen. In diesem Schreiben vom Chef der Staatskanzlei Schleswig-Holstein findet eine Auseinandersetzung mit diesem Thema statt, die Ihre Bedenken möglicherweise entkräftet.
Ihre persönliche Verärgerung über diese Reform bedauere ich, habe aber die Hoffnung, dass ich darlegen konnte, dass es auch gute Gründe für diese Reform gibt: In meinen Augen ist gerade der Wegfall der lästigen GEZ-Kontrollen ein spürbarer Vorteil für die Menschen. Es wird mit der Haushaltsabgabe zudem ein Stück mehr Beitragsgerechtigkeit herbeigeführt, da es - wenn man ehrlich ist - heute praktisch niemanden mehr gibt, der nicht über Radio, Fernsehen, Internet oder internetfähige Mobiltelefone am Angebot des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks teilhat.
Ich hoffe meine Antworten beantworten Ihre Fragen zufriedenstellend und ich verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ihr Hans-Jörn Arp
PS: Die in dem Brief als "Anlagen" bezeichneten Dokumente können von der Homepage des Landtags ( http://www.landtag.ltsh.de ) heruntergeladen werden.