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Hans-Joachim Viehl
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Frage von Klaus B. •

Frage an Hans-Joachim Viehl von Klaus B. bezüglich Wirtschaft

Lieber Herr Viehl,

als Betroffener der Hartz-Gesetzte eine Frage:

finden Sie, dass Sie in Ihrer (1-Euro) Arbeitszeit sinnvolle Dinge tun oder nehmen Sie vielleicht noch Jemandem einen regulären Arbeitsplatz weg ?

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Beton

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Beton,

wie Sie bin ich von den Entwürdigungen der Hartz- Gesetze betroffen. Nach einem 39-jährigen ununterbrochenen Arbeitsleben ist alles, was der Staat mir außer dem, noch dazu gekürzten Almosen ALG II anzubieten hatte, ein stumpfsinniger Ein-Euro-Job.

Etwas Sinnvolles tue ich dort wirklich nicht. Im Gegenteil, während ich täglich als Hausmann eines 4-Personenhaushaltes und Betreuer meiner gehbehinderten Eltern, sowie als ehrenamtlich tätiges aktives Mitglied der Frankfurter WASG, finanziell zwar nicht anerkannte, aber dennoch gesellschaftlich und sozial wichtige Arbeit leiste, bin ich in meinem Ein-Euro-Job zu relativem Nichtstun verdonnert. Und das vier Stunden täglich, als Pförtner in der Frankfurter Universitätsbibliothek. In der beschönigenden Umschreibung dieser „Arbeitsgelegenheit“ wird das hochtrabend unter dem Begriff „Bibliotheks- und Medienassistenz“ geführt.

Ich vertrete in meinen Ein-Euro-Job ab mittags den regulären Pförtner, wenn auch mit eingeschränkter Befugnis. Mein Eindruck ist, dass durch Ein-Euro-Jobs durchaus reguläre Arbeitsplätze ersetzt werden. Zumindest werden keine neuen Arbeitsplätze im öffentlichen Bereich mehr geschaffen, da man diese billiger mit Ein-Euro-Jobbern abdecken kann.

Als Betroffener wissen Sie aber auch, dass man diese elenden Jobs nicht ablehnen kann, ohne sofort eine Kürzung des ALG II um 30 % hinnehmen zu müssen.

Mir hat einmal bei einer Wahlveranstaltung ein provokanter Zwischenrufer die Frage gestellt, warum ich mich, der ich doch Politiker und Vorstandsmitglied der Frankfurter WASG sei, nicht Kraft meiner gesellschaftlichen Stellung gegen den Ein-Euro-Job gewehrt hätte.

Ich sagte ihm, dass es abgesehen vom sanktionierten Zwang zur Annahme eines Ein-Euro-Jobs, für mich völlig ausgeschlossen ist, für meine Person besondere Privilegien einzufordern, nur weil ich politisch Mandatsträger bin. Dies ist nicht mein Verständnis eines Politikers, der glaubhaft die Betroffenen von Hartz IV vertreten will.

Die Einblicke in diese arbeitsentwürdigenden „Arbeitsgelegenheiten“, die ich durch persönliche Betroffenheit erhalten habe, haben wir genügend politische Argumentation für den laufenden Wahlkampf geliefert.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Joachim Viehl