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Hans-Joachim Otto
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Frage von Ines E. •

Frage an Hans-Joachim Otto von Ines E. bezüglich Kultur

Guten Tag

Sie Arbeiten als Vorsitzender im Ausschuss für Kultur und Medien. Künstler haben im Fall von Nutzungen im öffentlichen (nicht kommerziellen) Bereich, gesetzlich verankert, kein Anrecht auf ein Nutzungsentgeld , die Verwertungsgesellschaften zahlten für hunderte Nutzungen, die ein Künstler im Netz selbst recherchieren und nachweisen musste, ein Vergütungsentgeld von 259 Euro/Jahr.

Künstler müssen in Hartz4Verhältnissen, nicht nur in Armut (in Bedarfsgemeinschaften 533 Euro für Essen. Miete, Strom) sondern auch weitgehend ohne Bürgerrechte und in beständiger Angst vor Schikanen leben, auch wenn sie als verdienstvolle deutsche Künstler (Zitat Bundespräsidialamt) respektiert arbeiten. Das Recht auf ein schikanefreies, existenzsicherndes Grundeinkommen/Grundgehalt wäre im Kunstbereich kein Almosen, sondern eine PAUSCHALVERGÜTUNG VON UNBEZAHLTEN NUTZUNGEN VON ARBEITSLEISTUNGEN.

Panorama beschrieb Schicksale in Hartz4Verhältnissen: daserste.ndr.de
Andere sind im Drehbuch "Bürgergeld statt Bürgerkrieg" "http://www.anwaelte-gegen-hartz4.de/aufstand_der_erwerbslosen.pdf dokumentiert...

Dieter Althaus/Ministerpräsident Thüringen ließ ausrechnen, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger durch Bürokratieabbau finanzierbar ist. Das Geld würde als Einnahme beim Finanzamt verrechnet. Gegenargument der SPD: Angestellte im Öffentlichen Dienst dürfen gesetzlich nicht entlassen werden - Wo sollen wir mit ihnen hin? Millionen Bürger müssen in Hartz4Verhältnissen leben, weil andere mit dem vom Steuerzahler finanzierten Privileg leben, nicht entlassen werden zu dürfen.

Ich recherchiere Politikerpositionen zum Thema bedingungsloses Grundeinkommen. Was unternehmen Sie, damit Situationen u.a. für Künstler in Deutschland fairer werden?

Freundliche Grüße Ines Eck

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Eck,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 02. Juli 2008.

Obwohl Sie mich als Vorsitzenden des Ausschusses für Kultur und Medien anschreiben, möchte ich auf Ihre Anfrage auch in meiner Eigenschaft als FDP-Kulturpolitiker antworten.

Für die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Künstler in Deutschland spielt auch das Urheberrecht eine wichtige Rolle. Für die FDP ist Urheberecht Eigentumsrecht und die Liberalen haben sich stets für ein starkes Urheberrecht eingesetzt. Auch und gerade die digitale Welt braucht ein starkes Urheberrecht, denn erst ein wirksamer Schutz des geistigen Eigentums durch das Urheberrecht schafft die notwendigen Anreize für kreative Tätigkeit und für Investitionen in deren wirtschaftliche Verwertung.

Es trifft entgegen Ihres Eindrucks nicht zu, dass Urheber die öffentliche Nutzung ihrer Werke dulden müssen, ohne dafür einen Vergütungsanspruch zu haben. Das gilt auch für den nicht kommerziellen Bereich. Ob und zu welchen Bedingungen ein Werk genutzt wird, entscheidet grundsätzlich der Urheber bzw. der Rechteinhaber, dem der Urheber die Nutzungsrechte eingeräumt hat (z. B. ein Verlag). Nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen (außerhalb kommerzieller Zwecke) dürfen geschützte Werke zustimmungsfrei genutzt werden. Auch in diesen Fällen hat der Urheber jedoch einen gesetzlichen Vergütungsanspruch. Nur in sehr wenigen Sonderfällen (die wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallen dürften) ist eine unentgeltliche Nutzung statthaft. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsschutzes eindeutige Maßstäbe gesetzt.

Richtig ist, dass die Durchsetzung von Urheberrechten im Internet immer schwieriger wird. Die FDP setzt sich deshalb dafür ein, dass auch im Internet die Rechtsverfolgung durch geeignete rechtliche Maßnahmen erleichtert wird. Hierbei müssen aber auch die besonderen datenschutzrechtlichen Belange aller Betroffenen beachtet werden. Das Internet darf gleichwohl keine "blackbox" werden, weil ein effektives Instrumentarium gegen Rechtsverletzungen nicht zur Verfügung steht. Unabhängig von dieser Problematik muss jeder, der ein geschütztes Werk nutzt, den Nachweis erbringen, dass er über die notwendige Lizenz verfügt.

Sie stellen Ihre urheberrechtlichen Anmerkungen in einen Zusammenhang mit Ihrer Forderung nach einem "bedingungslosen Grundeinkommen". Wenn ein Werk genutzt wird, dann muss die Vergütung des Urhebers für die Rechtseinräumung angemessen sein. Das ist ein anerkannter Grundsatz, der seit 2002 auch ausdrücklich im Urheberrechtsgesetz verankert ist. Die FDP hat diese wichtige Änderung des Urheberrechts seinerzeit aus Überzeugung mitgetragen. Dabei ist aber zu beachten, dass das Urheberrecht Eigentumsrecht ist und nicht Sozialrecht. Das Urheberrecht dient deshalb nicht zu einer allgemeinen Kultursubventionierung oder zur Unterstützung sozial schwacher Künstler. Der Grundsatz der angemessenen Vergütung für die Nutzung konkreter Werke darf daher nicht missverstanden werden als eine Garantie, wonach der Urheber von seinem Werk und von dessen Verwertung auch tatsächlich leben kann. Auch unter urheberechtlichen Gesichtspunkten ist ein leistungs- und bedarfsunabhängiges steuerfinanziertes Grundeinkommen daher aus Sicht der Liberalen ein falscher Ansatz.

Sie fragen mich auch an, was wir unternehmen, damit die wirtschaftliche und soziale Situation der Künstler und Kulturberufe in Deutschland gerechter wird und sprechen damit ein Thema des Ausschusses für Kultur und Medien wie auch der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ an.

Ein sehr wichtiges Thema ist in diesem Zusammenhang die Künstlersozialversicherung, die für viele Künstler eine bedeutende Absicherung darstellt. Die Künstlersozialversicherung ist momentan die Grundlage der sozialen Sicherung von Künstlern und Publizisten und ein wichtiger Beitrag des Staates zur Künstler- und Kunstförderung. Gerade in den freien und unabhängigen Lebens- und Arbeitsbedingungen, die vielfach die Voraussetzung für das künstlerische Schaffen sind, hat eine Grundsicherung im Hinblick auf Krankenversicherung und Altersvorsorge eine besonders wichtige Bedeutung.

Wir sind daher froh, dass es in dieser Wahlperiode mit der Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes gelungen ist, die Künstlersozialversicherung, die noch von der sozial-liberalen Koalition in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts eingerichtet wurde, wieder auf eine solide finanzielle Grundlage zu stellen. Die gemeinsame Finanzierung der Grundsicherung durch die Versicherten (50 Prozent), die Verwerter (ursprünglich 25, jetzt 30 Prozent) und den Bund (ursprünglich 25, jetzt 20 Prozent) trägt den besonderen Arbeitsbedingungen von Künstlern, Autoren, Graphikern etc. Rechnung. Die Abgabepflicht der Verwerter ergibt sich aus dem symbiotischen Verhältnis zwischen Vermarkter und Künstler, aus dem eine besondere Verantwortung der Vermarkter für die soziale Sicherung der – typischerweise wirtschaftlich Schwächeren – selbständigen Künstler und Publizisten erwächst, ähnlich der der Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmer. Mit der Künstlersozialversicherung besteht in Deutschland ein einmaliges Instrument für die soziale Absicherung von Künstlern und Publizisten im Falle von Krankheit und Alter.

Die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“, die Ende 2007 ihren Abschlussbericht an den Deutschen Bundestag übergab (siehe BT-Drs. 16/7000), widmete nicht nur dem Künstler und seiner sozialen und wirtschaftlichen Situation ein großes Kapitel, sondern auch dem Bereich Kulturwirtschaft. Auf der Basis einer ausgiebigen Problemanalyse haben wir vielschichtige Handlungsempfehlungen gegeben, die hier aufzuzählen und zu erörtern den Rahmen sprengen würden. Ich möchte nur herausgreifen, dass wir empfehlen, spezifische Förderinstrumente der Kultur- und Kreativwirtschaft zu entwerfen und dabei insbesondere die Belange von Klein- und Kleinstunternehmen zu berücksichtigen und die Vergabe von Kleinstkrediten möglich zu machen. Bei der Künstlersozialversicherung empfehlen wir, diese zu stärken und den Bundeszuschuss stabil zu halten. Allein im Kapitel über die wirtschaftliche und soziale Situation der Künstler unterbreiten wir 50 Vorschläge.

Im Gegensatz zu anderen will die FDP kein bedingungsloses Grundeinkommen sondern ein bedarfsgerechtes Bürgergeld. Das Bürgergeld stellt ein Mindesteinkommen für jeden sicher, und zugleich schafft es zusätzliche Anreize, durch Arbeit ein höheres Netto-Einkommen zu erzielen. Damit ist es gerechter und wirksamer als jede Mindestlohnregelung. Das liberale Bürgergeld gilt jedoch für alle, nicht nur für Künstler. Falls Sie sich noch mehr darüber informieren möchten, wenden Sie sich bitte an meinen hierfür zuständigen Kollegen Herrn Dirk Niebel (Homepage: http://www.dirk-niebel.de/ ).

Ich hoffe, ich konnte Ihr Anliegen hinreichend beantworten und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Hans-Joachim Otto