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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Dirk-Michael M. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Dirk-Michael M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Ströbele,

es würde mich interessieren, wie Sie zu der EInführung eines "Anti-Cybermobbing-Gesetzes" stehen. Reichen Ihrer Meinung nach, die aktuellen Gesetze aus, oder bedarf es eines eigenen Gesetzes? Es würde mich freuen, wenn Sie Ihre Meinung kurz begründen könnten.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Misol

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Misol,

Es hat etwas gedauert, mich kundig zu machen, deshalb kommt meine ausführliche Antwort verspätet.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Deshalb gelten auch hier die Grundrechte. Es gibt aber grundsätzlich auch hier die Möglichkeit, sich gegen Beleidigungen oder auch Mobbing notfalls mit gerichtlicher Hilfe zu wehren. Allerdings sind Besonderheiten nicht zu übersehen.

Die Entstehung Sozialer Netzwerke und weiterer Angebote im so genannten Web 2.0 waren ein enormer Schritt auf dem Weg, das Internet als Alltagsmedium für jeden Menschen zu etablieren. Sie eröffnen neue Möglichkeiten der Information, der Kommunikation und Partizipation im Netz und bieten damit einen großen Gebrauchswert. Diese Entwicklung ist überaus begrüßenswert und dennoch bedarf sie wie alle technologischen Neuerungen einer kritischen Begleitung. So gilt eine besondere Verantwortung beim Umgang der Mitglieder sozialer Netzwerke untereinander. Mobbing, so muss man leider konstatieren, ist zur Unkultur gerade unter jüngeren NutzerInnen geworden.

Laut der repräsentativen JIM-Studie aus dem Jahr 2009 hat bereits jeder vierte jugendliche Internet-Nutzer Erfahrungen mit Cyber-Mobbing (oder auch Chatroom-Bullying), bei dem die Opfer durch Bloßstellung, permanente Belästigung oder Verbreitung falscher Behauptungen vorgeführt, verleumdet oder verfolgt werden. Wichtig ist der Hinweis, daß es Mobbing auch schon vor der Zeit des Internet gegeben hat. Die stegende Bedeutung von Cybermobbing, also dem bewussten Drangsalieren von Personen unter Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel wie dem Internet oder Handys, oder Bullying in der öffentlichen Wahrnehmung hängt eng mit der steigenden Bedeutung von Online-Communities in unseren digitalen Lebenswirklichkeit zusammen. Die Hemmschwelle, im Internet und/oder übers Mobioltelefon andere Personen zu verhöhnen, ist geringer. Das haben Studien belegt. Sowohl die vermeintliche Anonymität gegenüber dem Opfer als auch eine fehlende soziale Kontrolle spielen eine Rolle.

Drei Viertel aller Internetnutzer besuchen Plattformen wie SchülerVZ oder Facebook mehrmals pro Woche. Leider achtet nach wie vor nicht einmal die Hälfte darauf, die persönlichen Daten nur einem engen Nutzerkreis zugänglich zu machen. Hierdurch ergeben sich vielfältige Ansatzpunkte, ein erst einmal identifiziertes Opfer tatsächlich bloßzustellen. Dem Internet kommt in der heutigen Lebenswirklichkeit junger Menschen jedoch eine mittlerweile dermaßen stark kommunikative Bedeutung zu, dass sich bestimmte Formen des Mobbings auf diese neuen Kommunikationsformen verlagert hat.

Der gut gemeinte Ratschlag, Computer und/oder Handy einfach auszuschalten und auszulassen, greift in unserer medialen und vernetzten Wirklichkeit zu kurz. Auch vor Mobbing schützt man sich nach wie vor am besten durch einen bewussten Umgang mit den eigenen Daten im Netz. Um Kinder und Jugendlichen diesen beizubringen und sie neben den vielfältigen Chancen, die uns die modernen Kommunikationsmedien bieten, auch über die Gefahren bei der Nutzung von Online-Communities aufzuklären, ist es von essentieller Bedeutung, unseren Kindern und Jugendlichen eine Medienkompetenz zu vermitteln, die dem gestiegenen Stellenwert, den die neuen Kommunikationsmittel im Alltag der jungen Menschen heute einnehmen, gerecht wird. Neben den Bildungseinrichtungen sind hier selbstverständlich auch die Eltern gefordert, die einen Blick darauf haben sollten, in welchen Chatrooms und Foren ihre Kinder surfen.

Kinder, Jugendliche und Eltern können sich an gewisse Spielregeln halten, um die Gefahr, Opfer von Mobbing zu werden, mit wenigen Handgriffen zu verringern. Die NutzerInnen sollten darauf achten, dass nicht jegliche privaten Information sichtbar gemacht wird, seien es Kontaktdaten, Informationen zur Arbeits- und Finanzsituation oder auch private, manchmal auch intime, Vorlieben. Rücksicht gilt vor allem gegenüber NutzerInnen die bewusst wenig von sich preisgeben wollen. Generell gilt wie auch im realen Leben, nicht Jedem und Allem bedingungslos direkt zu folgen.

Villeicht ist es tröstlich zu wissen, Internet sind wie in allen anderen modernen Kommunikationsmedien die Straftatsbestände der Beleidigung, der Nötigung, des Stalkings anwendbar. Sollte es zu Einschüchterungen, Nötigungen oder dem Stalking von Personen kommen, die diese Straftatbestände erfüllen, können die rechtlichen Mittel genutzt werden. Das sind Strafanzeigen und Strafanträge. Dies gilt vor allem für gezielte sexuelle Belästigen von Kindern und Jugendlichen im Internet, dem so genannten Cyber Grooming, bei dem oftmals ausgenutzt wird, dass der Gegenüber nicht gleich festzustellen ist.

Außerdem besteht bei jedem seriösen Web-Anbieter die Möglichkeit, beleidigende, unseriöse, unethische oder rassistische Profile und Darstellungen zu melden und ihre umgehende Löschung zu verlangen. Notfalls kann der Zivilrechtsweg zum Ziel führen. Das sind Klagen oder Anträge auf Erlaß einstweiliger Verfügungen gegen die Störer auf Unterlassung, manchmal kann sogar Schadensersatz verlangt werden.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr gerter Herr Misol,

bitte entschuldigen Sie zunächst meine späte Antwort.

Die Entstehung Sozialer Netzwerke und weiterer Angebote im so genannten Web 2.0 waren ein enormer Schritt auf dem Weg, das Internet als Alltagsmedium für jeden Menschen zu etablieren.
Sie eröffnen neue Möglichkeiten der Information, der Kommunikation und Partizipation im Netz und bieten damit einen großen Mehrwert. Diese Entwicklung ist überaus begrüßenswert und dennoch bedarf sie wie alle technologischen Neuerungen einer kritischen Begleitung. So gilt eine besondere Verantwortung beim Umgang der Mitglieder sozialer Netzwerke untereinander. Mobbing, so muss man leider konstatieren, ist zur Unkultur gerade durch jüngere NutzerInnen geworden.

Laut der repräsentativen JIM-Studie aus dem Jahr 2009 hat bereits jeder vierte jugendliche Internet-Nutzer Erfahrungen mit Cyber-Mobbing (oder auch Chatroom-Bullying), bei dem die Opfer durch Bloßstellung, permanente Belästigung oder Verbreitung falscher Behauptungen vorgeführt, verleumdet oder verfolgt werden.
Wichtig ist im Zusammenhang der Debatte um Cybermobbing, also dem bewussten Drangsalieren von Personen unter Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel wie dem Internet oder Handys, jedoch auch darauf hinzuweisen, dass es Mobbing selbstverständlich auch schon vor der Zeit des Internets gegeben hat. Die steigende Bedeutung von Cyber-Mobbing und Bullying in der öffentlichen Wahrnehmung hängt eng mit der steigenden Bedeutung von Online-Communities in unseren digitalen Lebenswirklichkeit zusammen.

Allerdings ist die Hemmschwelle gering, im Internet und/oder übers Mobioltelefon andere Personen zu verhöhnen. Das haben Studien belegt. Hier spielen sowohl die vermeintliche Anonymität gegenüber dem Opfer als auch eine fehlende soziale Kontrolle eine wichtige Rolle.

Drei Viertel aller Internetnutzer besuchen Plattformen wie SchülerVZ oder Facebook mehrmals pro Woche. Leider achtet nach wie vor nicht einmal die Hälfte darauf, die persönlichen Daten nur einem engen Nutzerkreis zugänglich zu machen. Hierdurch ergeben sich vielfältige Ansatzpunkte, ein erst einmal identifiziertes Opfer tatsächlich bloßzustellen. Dem Internet kommt in der heutigen Lebenswirklichkeit junger Menschen jedoch eine mittlerweile dermaßen stark kommunikative Bedeutung zu, dass sich bestimmte Formen des Mobbings auf diese neuen Kommunikationsformen verlagert hat.

Der gut gemeinte Ratschlag, Computer und/oder Handy einfach auszuschalten und auszulassen, greift in unserer medialen und vernetzten Wirklichkeit zu kurz. Auch vor Mobbing schützt man sich nach wie vor am besten durch einen bewussten Umgang mit den eigenen Daten im Netz. Um Kinder und Jugendlichen diesen beizubringen und sie neben den vielfältigen Chancen, die uns die modernen Kommunikationsmedien bieten, auch über die Gefahren bei der Nutzung von Online-Communities aufzuklären, ist es von essentieller Bedeutung, unseren Kindern und Jugendlichen eine Medienkompetenz zu vermitteln, die dem gestiegenen Stellenwert, den die neuen Kommunikationsmittel im Alltag der jungen Menschen heute einnehmen, gerecht wird. Neben den Bildungseinrichtungen sind hier selbstverständlich auch die Eltern gefordert, die einen Blick darauf haben sollten, in welchen Chatrooms und Foren ihre Kinder surfen.

Kinder, Jugendliche und Eltern können sich an gewisse Spielregeln halten, um die Gefahr, Opfer von Mobbing zu werden, mit wenigen Handgriffen zu verringern. Die NutzerInnen sollten darauf achten, dass nicht jegliche privaten Information sichtbar gemacht wird, seien es Kontaktdaten, Informationen zur Arbeits- und Finanzsituation oder auch private, manchmal auch intime, Vorlieben. Rücksicht gilt vor allem gegenüber NutzerInnen die bewusst wenig von sich preisgeben wollen. Generell gilt wie auch im realen Leben, nicht Jedem und Allem bedingungslos direkt zu folgen.

Natürlich ist es im Zusammenhang der Debatte um Cybermobbing ebenfalls wichtig, darauf hinzuweisen, dass auch im Internet und allen anderen modernen Kommunikationsmedien die geltenden Straftatsbestände der Beleidigung, der Nötigung, des Stalkings etc. gelten. Sollte es zu tatsächlichen Einschüchterungen, Nötigungen oder dem Stalking von Personen kommen, die diese Straftatbestände erfüllen, ist es demnach ratsam, die zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel auch tatsächlich zu nutzen. Dies gilt natürlich auch vor allem für gezielte sexuelle Belästigen von Kindern und Jugendlichen im Internet, dem so genannten Cyber Grooming, bei dem es oftmals ausgenutzt wird, dass der Gegenüber nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist.

Was kann ich tun, wenn ich dennoch Opfer von Mobbing im Netz geworden bin? Bei jedem seriösen Web-Anbieter besteht die Möglichkeit, beleidigende, unseriöse, unethische oder rassistische Profile und Darstellungen zu melden und ihre umgehende Löschung zu beantragen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele