Frage an Hans-Christian Friedrichs von Rafael M. bezüglich Verkehr
Hallo Herr Friedrichs,
die Metronom Eisenbahngesellschaft ist in Ihrem Wahlkreis auf dem Sektor Eisenbahn als Erfolgsgeschichte zu bezeichen.
Haben Sie Ideen dazu, wie sich für den Zubringer-Verkehr auf der Straße, also den öffentlichen Omnibusverkehr, neue und innovative Ideen wie beim Metronom verwirklichen lassen, damit vielleicht auch Leute aus den ländlicheren Regionen verleitet werden, ihr Auto häufiger in der Garage zu lassen?
Viele Grüße
Rafael Mauer
Lieber Herr Mauer,
der Busverkehr hat für mich zwar eine hohe, gegenüber dem Bahnverkehr jedoch eine untergeordnete, Priorität. Sie sprechen die Erfolgsgeschichte der Metronom-Eisenbahngesellschaft an. Diese Erfolgsgeschichte ist noch nicht zu Ende. Es gibt gerade in unserer Region noch viele nicht oder nur schwach genutzte Eisenbahnstrecken, etliche davon gehören zum Netz der „Ost Hannoverschen Eisenbahn“ OHE, deren Tochtergesellschaft die Metronom-Eisenbahngesellschaft ist. Wenn die OHE einerseits satte Gewinne durch den Containertransport auf ihrem Netz erwirtschaften möchte, erwarte ich andererseits ein Entgegenkommen und eine Gegenleistung für die zu erwartenden Belastungen hinsichtlich einer Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) und des Erhalts des Streckennetzes insgesamt. Die Ertüchtigung der Heide-Bahn Winsen - bzw. Lüneburg - Soltau - Celle darf nicht nur der Gewinnsteigerung im profitablen Güterbereich dienen, sie muss auch mit echten Verbesserungen für die Bevölkerung und einem alternativen Angebot zum Auto für Pendlerinnen und Pendler führen. Insofern sehe ich bei intensiver Kooperation der regionalen Kräfte, der Landesregierung, der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG), der das Wagenmaterial gehört, und der OHE bzw. der Metronom-Eisenbahngesellschaft noch ein großes Entwicklungspotential im ländlichen Raum. Der lapidare Hinweis von Herrn Stahlhut, Vorstand der inzwischen privatisierten OHE, „das Bussystem sei doch auch ganz prima ausgebaut“ ist für mich nur eine schwache Abwehrbehauptung, der ich überhaupt nicht zustimmen kann.
Damit wären wir bei Ihrer Frage. Optimale Voraussetzungen für das Bussystem im ländlichen Raum stellen für mich eine gute Versorgung der ländlichen Region mit Bahninfrastruktur und eine optimale Vernetzung zwischen Bus und Bahn dar. Was für die Bahn gilt, also Taktverkehr und gut aufeinander abgestimmte Anschlüsse – siehe Vorbild Schweiz –, gilt auch für die Feinverteilung auf dem Lande mit Bussen und anderen innovativen Verkehrssystemen.
Wenn wir im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) mehrmals im Jahr den „Autofreien Sonntag“ begehen, stellen wir fest, dass auch auf dem Lande die kostenlosen Busse – sofern sie denn fahren – gut angenommen werden. Das heißt, ein ganz entscheidender Faktor für den Umstieg auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sind attraktive Preise. Stabile oder gar reduzierte Fahrpreise können im ÖPNV ohne Mehrkosten beispielsweise durch Umschichtung aus dem Fernstraßenneubau und der Internalisierung von bisher externen Kosten, wie die von Verkehrsunfällen, erzielt werden. Ein einfaches und verständliches Tarifsystem ist ebenfalls von Bedeutung. Das zeitraubende Lösen von Fahrscheinen ist sowohl für die Fahrgäste, als auch für oft überforderte Busfahrerinnen und Busfahrer zu einem anachronistischen Akt geworden. Es gibt Verkehrsverbünde, wo Fahrgäste ihren Einstiegs- und ihren Ausstiegspunkt nur noch mittels Chip-Karte registrieren. Am Monatsende wird dann automatisch und kostenoptimiert abgerechnet. Was in diesem Monat am kostengünstigsten ist, ermittelt das System, also Einzelfahrscheine und/oder eine oder mehrere Wochenkarten oder sogar eine Monatskarte, ein einfaches und komfortables System, das es auch Gelegenheitsnutzerinnen und Nutzern leicht macht, auf das System ÖPNV umzusteigen.
Wünschenswert sind natürlich auch mehr Fahrten, die es auch in den Abendstunden und am Wochenende ermöglichen, in die Zentren oder sogar in die Disco zu kommen. Derartige Nachtbuslinien werden insbesondere von der Versicherungsbranche gefordert, weil man dort ganz genau die volkswirtschaftlichen Folgekosten von so genannten „Discounfällen“ mit denen des öffentlichen Transports verglichen hat. Resultat: Der Nachtbus ist volkswirtschaftlich „billiger“ und rettet Leben. Je dünner der ländliche Raum besiedelt ist, desto mehr müssen auch innovative Systeme, wie der Ruf-Bus oder das Anruf-Sammel-Taxi (in Lüneburg „Anruf-Sammel-Mobil“ ASM) zum Einsatz kommen, um eine zeitgemäße Kosten- und Ressourcen schonende öffentliche Mobilität auf dem Lande zu gewährleisten.
Das sind nur einige spontan zusammengetragene Ideen, die der Beantwortung Ihrer Frage dienen. Tatsächlich gibt es zu dieser Thematik bereits etliche wissenschaftliche Arbeiten, die großenteils auch im Netz verfügbar sind.
Beste Grüße
Hans-Christian Friedrichs