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Hannelore Kraft
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Frage von Ingrid A. •

Frage an Hannelore Kraft von Ingrid A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Kraft,

Sie können gerne erneut versuchen, umfangreich zu erläutern, weshalb Sie und die SPD mit der CDU und den Grünen für die Diätenerhöhung gestimmt haben. Für mich ist es trotzdem nicht nachvollziehbar. Ich bin von Ihnen persönlich derart enttäuscht, dass ich bei der nächsten Wahl wohl dem Rat meiner Kinder folgen werde, die mir bisher gefolgt sind und wie ich die SPD gewählt haben. Wir werden uns die Piratenpartei anschauen, denn auch die Grünen sind mittlerweile derart Gut-Bürgerlich, dass ich die in lila Latzhosen strickenden nicht mehr erkennen kann. Und die SPD? Gibt es nur noch Richter und höhere Beamte, an denen man sich orientieren muss? Sind z.B. Handwerker keine ehrbaren Leute, an denen und deren Einkommen man sich orientieren kann? Die die Bevölkerung auch konkret im Landtag vertreten? Nur noch Juristen und Beamte? Des gehobenen Dienstes, wohlgemerkt!
Wo vertreten Sie noch "Normalbürger"?
Als ich 2002 einen Riestervertrag abgeschlossen habe, buchte mir die Versicherung direkt über 1.600,- € als ersten Monatsbeitrag ab. Zwar fälschlicherweise, aber ich war derart entsetzt, dass ich den Vertrag sofort gekündigt habe, denn dieser Betrag überschritt selbst den Jahresbeitrag erheblich! Und ich dachte bisher, ich sei eher ein normaler Durchschnittsbürger. Dass ich in Wirklichkeit ein armes Schwein bin, ist mir durch Ihren Entscheid endlich klar geworden.
SPD ade!!!

Ingrid Andreas-Steller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Andreas-Steller,

vielen Dank für Ihre Mail, in der Sie sich gegen die Änderung des Abgeordnetengesetzes gewandt haben.

Ich kann gut verstehen, dass solche Entscheidungen des Parlaments, die es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur für sich selbst treffen kann, einem besonderen öffentlichen Erklärungsbedarf unterliegen. Dem möchte ich als Landtagsabgeordnete gerne nachkommen:

Unbestritten – auch in der Presse und vom Bund der Steuerzahler NRW – ist, dass Nordrhein-Westfalen das modernste und transparenteste Abgeordnetenrecht in Deutschland hat.

Die Diätenreform, die am 17. März 2005 einstimmig verabschiedet wurde, hat die verschiedenen Bestandteile der früheren Abgeordnetenbezüge in einer einzigen steuerpflichtigen Leistung zusammengefasst. Es gibt – anders als in vielen Ländern und im Bund – keine steuerfreien Pauschalen. Die Abgeordneten bestreiten ihre Aufwendungen, wie z.B. für das Wahlkreisbüro, aus ihren Bezügen, kommen für ihr Arbeitsmaterial auf und versteuern ihr Einkommen nach den geltenden Steuersätzen und Richtlinien wie jeder andere, der einer freiberuflichen Tätigkeit nachgeht. Die Grundlage für diese Diätenreform erarbeitete eine dafür eingerichtete Diätenkommission.

Im Ergebnis gibt es seitdem eine größere Transparenz der Abgeordnetenbezüge, eine Gleichstellung mit allen Steuerbürgerinnen und Steuerbürgern und die Sicherstellung einer dem Amt angemessenen Bezahlung.
Ein Kernelement der Diätenreform war der Wegfall der staatlichen Altersversorgung. Sie wurde ersetzt durch eine aus eigenen Beiträgen finanzierte Altersversorgung. Wie bei der Bemessung der Abgeordnetenbezüge ist bei der Altersvorsorge darauf zu achten, dass Abgeordnete angemessene Leistungen erhalten. Dies ist nicht nur verfassungsrechtlich geboten, sondern entspricht auch dem Bild, das die Verfassungsväter und –mütter von den freien, gleichen und vor allem unabhängigen Abgeordneten hatten. Dieses findet auch seinen Ausdruck im gleichen Erwerb von Versorgungsansprüchen während der Mandatstätigkeit, unabhängig von der sonstigen Berufsbiographie.

Die Diätenreform hat die Abgeordneten aus der damals sehr hohen staatlichen Versorgung in ein eigenständiges Versorgungswerk überführt.

Aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion gibt es zur Konstruktion des Versorgungswerks, das 2005 mit der Diätenreform beschlossen und aufgebaut worden ist, keine ernsthafte Alternative. Eine Rückkehr zur alten staatlichen Versorgung der Landtagsabgeordneten lehnen wir als nicht generationengerecht ab. Nach intensiver Beratung in der Fraktion und mit Fachleuten geht die SPD-Fraktion davon aus, dass die verschiedentlich geäußerten Bedenken gegenüber der Substanz des Versorgungswerkes nicht stichhaltig sind.

Aus diesem Grund tritt die SPD-Fraktion dafür ein, die Entwicklungsperspektiven von Versorgungswerken im Vergleich zu privaten Rentenversicherungen und Lebensversicherungen durch eine unabhängige Kommission transparent diskutieren und konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Abgeordnetenversorgung prüfen zu lassen. Zu den Themen soll des Weiteren die Frage der zukünftigen Darstellung der Angemessenheit der Abgeordnetenversorgung im Vergleich zu anderen Berufsgruppen gehören. Der konkrete Auftrag der Kommission soll im Einvernehmen mit allen im Landtag vertretenen Fraktionen formuliert werden.

Die in der Anhörung vorgeschlagene verpflichtende Einbeziehung aller Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Eine Ungleichbehandlung der Abgeordneten stößt auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Eine Individualisierung der Entscheidung über die Altersvorsorge eines/einer Landtagsabgeordneten lehnen wir ebenso ab. Der Solidargedanke muss auch bei der Altersversorgung für Abgeordnete gelten.

Bleibt die Frage, ob die derzeitige Abgeordnetenversorgung angemessen ist. Hierzu hat es in der Anhörung unterschiedliche Meinungen gegeben. Einige Experten halten die dauerhafte Sicherung des 2005 gefundenen Versorgungsniveaus für angemessen, andere dagegen nicht. Zur Erinnerung: Mit der Diätenreform 2005 wurde das Versorgungsniveau gegenüber der bis dahin geltenden Regelung um rund 40 Prozent gesenkt.

Nach der jetzt geplanten Erhöhung des Beitrages zum Versorgungswerk hat ein Abgeordneter nach zehnjähriger Zugehörigkeit zum Landtag einen Versorgunganspruch in Höhe von 1573 Euro, nach altem Recht gibt es für die gleiche Zeit einen Anspruch in Höhe von 2588 Euro. Die Anhörung hat auch deutlich gemacht: die Angemessenheit muss letztlich politisch bewertet und entschieden werden.

In Abwägung aller bisher bekannten Argumente sowie der Versorgungsansprüche vergleichbarer Funktionen und der Sonderstellung eines auf Zeit ausgeübten Mandats, halten die Mitglieder der SPD-Fraktion eine Altersversorgung von 1573 Euro nach zehnjähriger Zugehörigkeit für angemessen. Um dieses Niveau langfristig zu sichern, ist die jetzt vorgesehene Erhöhung des Beitrages zum Versorgungswerk um 500 Euro notwendig. Die entsprechende Erhöhung der Abgeordnetenbezüge muss komplett versteuert werden. Gleichzeitig fließen aber 500 Euro direkt dem Versorgungswerk zu. D.h.: Alle Abgeordnete verfügen künftig über ein geringeres (Netto-) Einkommen.

Gerne möchte ich noch auf die folgende Grafik aus der Westdeutschen Zeitung vom 8. Februar hinweisen. Hieraus wird ersichtlich, dass NRW in Bezug auf die Politikerpensionen weiter deutlich hinter den anderen Parlamenten zurückbleibt.

Ich hoffe, ich habe etwas zum besseren Verständnis in der Sache beitragen können.

Mit freundlichen Grüßen

Hannelore Kraft MdL