Portrait von Hannelore Kraft
Hannelore Kraft
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hannelore Kraft zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Erich M. •

Frage an Hannelore Kraft von Erich M. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Kraft,

Warum haben Sie zugelassen, daß ausländische Unternehmen für die geplante Schiefergasförderung konzerneigene Claims in "Unserem NRW" abstecken?

Die Amerikaner werden hier nicht leben müssen, den Konzernen ist es egal:
- ob unser Grundwasser verseucht wird,
- ob schachbrettartig angeordnete Bohrstellen die Landschaft zerstören,
- ob arsenhaltige und radioaktive Förderschlämme (Frac-Wasser) das Umland der Bohrstellen unbewohnbar machen,
- ob die Gesundheit unserer Umwelt in NRW, von uns Bürgern und unseren Kindern langfristig gefährdet wird,
- ob Erdbeben in den Fördergebieten stattfinden (s. Erdbebenhäufung in Arkansas durch Fracking),
- ob weitere und teure Folgekosten verursachende Bergschäden an der Infrastruktur entstehen, wie bereits hinreichend bekannt durch den Kohleabbau in NRW.

Ich selbst wäre trotz aller Bedenken einverstanden mit der Förderung von Schiefergas in "Unserem NRW" unter folgenden Rahmenbedingungen:
- wenn die Förderung des Schiefergases nachgewiesenermaßen keine Menschen, Umwelt und Infrastruktur schädigt.
- wenn die Erfahrungen mit dem Fracking in Amerika in die Entscheidung einbezogen werden.
- wenn die Förderung in Verantwortung von Unternehmen und Bürgern aus Deutschland und NRW geschieht.
- wenn die Förderung unseres eigenen Schiefergases die derzeitige Abhängigkeit Deutschlands von teuren und unsicheren Gasimporten massiv verringert.
- wenn die Menschen in NRW und im Umland der Förderung an den erzielten Gewinnen in erheblichem Maße beteiligt werden.

Frau Kraft,
bitte annullieren Sie unverzüglich die bereits abgesteckten Claims der Konzerne, bevor diese weiteres Unheil anrichten können (Probebohrungen, Verschmutzungen, Verbriefung von Konzerninteressen, -rechten, etc. ).
Bitte denken Sie über Ihre persönliche Verantwortung und die Konsequenzen Ihrer Entscheidungen nach.
Die betroffenen Kommunen und Ihre Bürger und Wähler in unserem NRW werden Ihnen danken.

Hochachtungsvoll,
Erich Müller

Portrait von Hannelore Kraft
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 6. August 2011 über abgeordnetenwatch zum Thema Schiefergasförderung.

Die Landesregierung ist sich der möglichen Folgen der eingesetzten Verfahren zur Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten bewusst und sieht Bedarf an weiteren Untersuchungen, bevor solche Verfahren in Nordrhein-Westfalen zum Einsatz kommen.

Der Handlungsspielraum in den bergrechtlichen Verfahren zur Gewinnung und Förderung von Erdgas ist allerdings derzeit nicht sehr groß.

Für die Aufsuchung bedarf es einer Erlaubnis; sie verleiht dem Antragsteller lediglich das Recht, in einem bestimmten Gebiet eine Aufsuchung und Exploration durchzuführen. Eine solche Erlaubnis ist u.a. zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, nicht ein Arbeitsprogramm vorlegt, nicht die erforderlichen Mittel aufbringen kann oder wenn überwiegende öffentliche Interessen die Aufsuchung oder Gewinnung im gesamten zuzuteilenden Feld ausschließen.

Liegt keiner dieser Versagungsgründe vor, ist die Erlaubnis zu erteilen; es handelt sich dabei um eine sog. „gebundene Entscheidung". Die Bergbehörde hat also keinen Ermessensspielraum, ob sie die Erlaubnis erteilt. In der Folge hat sie somit auch keine rechtlich belastbare Möglichkeit, derartige Erlaubnisse zurück zu nehmen.

Die Landesregierung hat bereits einen Antrag zur Änderung der Bundesberggesetzes in den Bundesrat eingebracht. Dieser ist darauf ausgerichtet, die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu erweitern und Vorhaben zur Exploration und Gewinnung von Erdgas dieser Verpflichtung zu unterwerfen. Damit wird Transparenz im Verfahren geschaffen und eine umfassende Prüfung der ggf. eintretenden Umweltbelastungen begründet.

Des Weiteren wird die Landesregierung ein „Gutachten mit Risikostudie zur Exploration und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten in Nordrhein-Westfalen und deren Auswirkungen auf den Naturhaushalt, insbesondere die öffentliche Trinkwasserversorgung“ in Auftrag geben.

Hierin werden die Grundlagen der Aufsuchung, Exploration und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten sowie eine zusammenfassende Einschätzung der hierdurch möglicherweise entstehenden Gefährdungen von Schutzgütern zusammengestellt und beschrieben werden. Einbezogen werden Erfahrungen aus bereits erfolgten Explorations- und Gewinnungstätigkeiten, insbesondere in den USA, und die Klärung der Frage der Übertragbarkeit dieser Erkenntnisse auf die Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen. Auch sollen Abgrenzungskriterien für die Erkundungs- und Fördergebiete und damit gleichzeitig Kriterien für mögliche Ausschlussgebiete dargestellt werden.

Zwischenzeitlich haben Umwelt- und Wirtschaftsministerium mit einem gemeinsamen Erlass an die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige bergrechtliche Genehmigungsbehörde klargestellt, dass Anträge auf Bohrungen oder andere Aktivitäten, die im Zusammenhang mit Fracking-Maßnahmen stehen, erst nach Vorlage des v.g. Gutachtens entschieden werden dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

Hannelore Kraft