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Frage von Dietmar B. •

Frage an Hannelore Kraft von Dietmar B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Kraft.

Sie fordern die Schaffung von mehr gemeinnütziger Beschäftigung für Leistungsempfänger nach dem SGB II. Nachdem diese Forderung bei vielen Wählern Irritationen hervorgerufen hat, haben Sie Ihre Aussage dahingehend relativiert, dass diese natürlich nur für solche Betroffene bereitstehen, die darin eine Verbesserung ihrer Situation sehen.
Die Realität, für die letztlich auch Ihre Partei verantwortlich ist, sieht jedoch anders aus. Es gibt zwar Betroffene die in einer Arbeitsgelegenheit eine Verbesserung für Ihre Situation sehen, es gibt aber auch Betroffene, die gut qualifiziert sind, in ihre Ausbildung sehr viel Zeit und Geld, sowohl eigenes als auch das des Steuerzahlers, investiert haben und die in einer solchen Arbeitsgelegenheit eine Ausbeutung ihrer Fähigkeiten sieht. Letztlich bieten diese Menschen ihre Arbeitskraft am Markt an, dass sie nicht nachgefragt wird, ist den Betroffenen nicht vorzuhalten.
Bei der praktischen Anwendung der von rot-grün geschaffenen Hartz Gesetze können diese Menschen jedoch zu einer solchen unbezahlten Arbeit notfalls per Verwaltungsakt gezwungen werden. Und dies geschieht auch täglich in den Argen.
Mit Ehrenamt hat dies allerdings nichts mehr zu tun, ich würde es vielmehr als Zwangsarbeit bezeichnen. Ich kann auch nicht dem Gedanken des Herrn Westerwelle folgen, Sozialleistungen seien von einer Gegenleistung abhängig. Vielmehr ergeben sich nach meiner Auslegung des Grundgesetzes Sozialleistungen aus der Würde des Menschen und nicht aus der Würde seiner Arbeitskraft.

Meine Frage an Sie, als stellvertretende Vorsitzende der SPD:
Kann man Ihre Aussagen zur Freiwilligkeit so verstehen, dass Sie Zwangszuweisungen zu Arbeitsgelegenheiten, wie sie heute tägliche Praxis in vielen Argen sind, ablehnen und wird diese Haltung von der SPD geteilt?
Sieht die SPD Handlungsbedarf bei der heutigen Praxis der Zuweisung von Arbeitsgelegenheiten?

Freundliche Grüße
Dietmar Brach
Arbeitslosenhilfe Rheinland-Pfalz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Brach,

vielen Dank für Ihre Mail vom 8. März 2010.

Sie fragen mich, ob und welche Änderungen die SPD an den Regeln für die Vermittlung von Arbeitsstellen plant. Ich möchte Sie gerne darauf hinweisen, dass die Bundespartei zurzeit gerade an Konzepten für die Fortentwicklung der Sozialgesetze arbeitet. Der von Ihnen angesprochene Problembereich wird im Rahmen dieses Prozesses mit berücksichtigt. Sie werden diese Diskussionen sicher weiter mit Interesse verfolgen.

Ich nutze aber gerne die Gelegenheit, Ihnen unseren Vorschlag für einen Sozialen Arbeitsmarkt näher zu erläutern:

Unser Ziel ist es, Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose mit kaum überwindbaren Vermittlungshemmnissen zu schaffen, weil sie oft keine Aussicht mehr auf einen regulären Arbeitsplatz haben. Wir wollen diesen Menschen eine Beschäftigungsperspektive auf Dauer eröffnen. Arbeit hat eindeutig mit Selbstwertgefühl und auch mit Würde zu tun. Zeitlich befristete Jobs helfen dieser Gruppe von Langzeitarbeitslosen nicht weiter, denn nach spätestens einem Jahr sind sie wieder ohne Arbeit.

Das Angebot des Sozialen Arbeitsmarktes ist freiwillig und keine Pflicht. Damit unterscheiden wir uns ganz eindeutig von den populistischen Forderungen von Herrn Westerwelle, der Gesellschaftsgruppen gezielt gegeneinander ausspielt. Ich bin ganz sicher, dass viele Menschen dieses Angebot annehmen werden, denn die ganz große Mehrheit der Arbeitslosen will gerne arbeiten.

Klar ist, dass durch diese Arbeit für die Gesellschaft reguläre Arbeitsplätze nicht gefährdet werden dürfen. In kommunalen Bündnissen sollen Städte und Gemeinden mit der Bundesanstalt für Arbeit beziehungsweise den Argen, Arbeitgebern und Gewerkschaften festlegen, wo diese gemeinwohl-orientierten Arbeitsplätze eingerichtet werden können. Damit ist auch ausgeschlossen, dass ein Konkurrenzdruck in Richtung Billiglohn entsteht.

Für uns ist zentral, dass die in diesem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor tätigen Menschen sinnvolle Arbeit verrichten und mit ihrer Tätigkeit ihre Existenz selbst sichern können. Die Entlohnung der Langzeitarbeitslosen, die das Angebot annehmen, muss spürbar oberhalb der ALG 2-Zahlungen liegen. Darüber hinaus muss der Staat die Sozialversicherungskosten übernehmen, damit sie auch in die Sozialsysteme einzahlen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Konzept, das auch Bestandteil unseres Wahlprogramms ist, einen wichtigen Schritt hin zu mehr Teilhabe für die betreffenden Langzeitarbeitslosen bedeutet.

Mit freundlichen Grüßen

Hannelore Kraft