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Hanfried Brenner
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Frage von Gabi B. •

Deine Aktivitäten und Stellungnahmen finde ich gut. Mir fällt es aber schwer angesichts der katastrophalen Weltlage die optimistische Zukunfssicht von Kommunisten nachzuvollziehen. Verstehst du das?

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DKP

Ja, liebe Gabi, ich verstehe es. Aber ich teile es trotzdem nicht. Ist die Weltlage wirklich katastrophal? Wohl scheint es auf den ersten Blick so zu sein. Ich meine aber, dass diese Einschätzung sich bei genauerer Betrachtung als einseitig erweist. Gewiss, die inhumanen, zerstörerischen Entwicklungen greifen scheinbar unaufhaltsam um sich, gewaltige Bedrohungen und Gefahren drohen die ganze Menschheit in den Abgrund zu reißen. Stichworte:  Kulturzerstörung, aufkommender Faschismus, unbeschreibliches anwachsendes Massenelend von zig Millionen, Klimakatastrophe, Gefahr eines neuen Weltkrieges der die ganze Menschheit auslöschen könnte.

Letztlich wurzeln alle diese Schrecknisse, Katastrophen und Gefahren in dem vor allem im Westen herrschenden System des Kapitalismus-Imperialismus und sind Ergebnis, der daraus resultierenden Politik. Der real existierende Sozialismus in Form der Sowjetunion und der anderen europäischen sozialistischen Staaten legte diesem System und den Staaten, denen es zugrunde lag, gewisse Fesseln an. Mit dem Untergang der sozialistischen Staaten in Europa wurden die Kräfte des Widerstands, die Verfechter des gesellschaftlichen Fortschritts und des Humanismus nicht nur in Europa gewaltig geschwächt und zurückgeworfen, gerieten in die Defensive, erlitt die Arbeiter- und antiimperialistische Bewegung weltweit eine schwere Niederlage. Ideologen des Imperialismus verkündeten das Ende der Geschichte. 

Aber wie dichtet Bertold Brecht in "Lob der Dialektik":

Das Unrecht geht heute einher mit sicherem Schritt.
Die Unterdrücker richten sich ein auf zehntausend Jahre.
Die Gewalt versichert: So, wie es ist, bleibt es.
Keine Stimme ertönt außer der Stimme der Herrschenden.
Und auf den Märkten sagt die Ausbeutung laut:
Jetzt beginne ich erst.
Aber von den Unterdrückten sagen viele jetzt:
Was wir wollen, geht niemals.
Wer noch lebt, sage nicht: niemals!
Das Sichere ist nicht sicher.
So, wie es ist, bleibt es nicht.
Wenn die Herrschenden gesprochen haben,
Werden die Beherrschten sprechen.
Wer wagt zu sagen: niemals?
An wem liegt es, wenn die Unterdrückung bleibt? An uns.
An wem liegt es, wenn sie zerbrochen wird?
Ebenfalls an uns.
Wer niedergeschlagen wird, der erhebe sich!
Wer verloren ist, kämpfe!
Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?
Denn die Besiegten von heute sind die Sieger von morgen,
Und aus Niemals wird: Heute noch!

Ist die Dialektik heute keine Realität mehr? Hat der auf ihrer Kenntnis beruhende Optimismus eines Bertold Brecht inzwischen keine Grundlage mehr?

Eine solche Auffassung würde ich als kurzsichtig und oberflächlich bezeichnen. Es hat sich erwiesen, dass die Geschichte keineswegs zu Ende ist, sowenig, wie der Kapitalismus-Imperialismus ihr letztes Wort war. Der US-Imperialismus ist ohne Zweifel auf dem absteigenden Ast. Sicher, eine angeschlagene Bestie ist besonders gefährlich und neigt dazu, wild um sich zu schlagen. Aber schon Hölderlin wusste: "Wo Gefahr ist, wächst das rettende auch". Auf der Ebene der globalen Konflikte sehe ich China als eine Macht, die an Stärke zulegt und die beispielsweise durch ein kluges Agieren auf der weltpolitischen Ebene der westlichen Aggression entgegenwirkt und die uns allen hilft, die Kriegsgefahr zu bekämpfen und zu mindern (Beispiel: Neue Seidenstraße). Und China beschreitet gesellschaftspolitisch einen sozialistischen Weg, der Millionen Menschen aus der Armut geführt hat. Einen Weg, der tendenziell imstande ist, der Welt ein motivierendes Modell für gesellschaftlichen Fortschritt aufzuzeigen, dieses nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Kampf gegen den Klimawandel.

Die große Revolutionärin Rosa Luxemburg fasste die gesellschaftliche Alternative unserer Zeit mit dem Wort zusammen: "Sozialismus oder Barbarei". Diesem Diktum folgt meine (noch) kleine aber trotzdem kämpferische Partei. Ausgehend von der Dialektik richtet unser Tun sich an Brechts Lob derselben aus:

An wem liegt es, wenn die Unterdrückung bleibt? An uns.
An wem liegt es, wenn sie zerbrochen wird?
Ebenfalls an uns.