Wir möchten ein Heiratsvisum stellen, aber mein Partner hat den Sprach Nachweis zum 2 mal nicht geschafft, er kann deutsch sprechen, aber eben noch nicht schreiben. Ich werde 66 und mein Partner 57. Gibt es Ausnahmen bei der Sprachprüfung A1.
Außerdem sind wir beide gesundheitlich angeschlagen. Gibt es Ausnahmen bei der Sprachprüfung A1.
Sehr geehrte Frau W.,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht.
Erst einmal ist es ein großes Versäumnis, dass es in der Ampel-Regierung nicht gelungen ist, den Sprachnachweis so zu verändern, dass die Ehepartner:innen nach der Einreise nach Deutschland ihre Sprachkenntnisse erwerben. Damit wäre das Zusammenleben als Paar gesichert - und das Lernen einer Sprache fällt ja in der Regel auch leichter, wenn man sich in einem Umfeld befindet, wo einem die Sprache täglich im Alltag begegnet.
Jetzt aber konkret zu Ihrer Frage: Ja, es gibt Härtefallregelungen unter der aktuellen Rechtslage. Konkret heißt es im Gesetz, dass die Einreise ohne vorherigen Sprachnachweis möglich ist, wenn "es dem Ehegatten auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehme".
In der Praxis geht man davon aus, dass eine Trennung als Paar nach einem Jahr intensivem Bemühen um den Spracherwerb nicht mehr zumutbar ist. Auch eine Krankheit kann den Spracherwerb unzumutbar machen. Auch allgemeine Lernschwierigkeiten können dazu führen, dass die Botschaften mündliche Kenntnisse als ausreichend betrachten und nicht auf das vollständige Bestehen des Kurses warten.
Ich würde Ihnen daher empfehlen, dass Sie oder Ihr Partner mit der zuständigen Botschaft Kontakt aufnehmen und auf die Härtefallregelungen verweisen. Beim Nachweis, dass in Ihrer Situation ein Härtefall vorliegt, ist es sinnvoll, die gesamte Geschichte des Spracherwerbs (belegte Kurse, genutzte Bücher für das Lernen zu Hause etc.) zu beschreiben.
Außerdem können Sie sich in der Angelegenheit auch beraten lassen. Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften hat zum Beispiel viel Erfahrung mit dem Thema Ehegattennachzug und bietet eine Beratung an: https://www.verband-binationaler.de/beratung. Selbstverständlich können Sie sich für die mögliche Inanspruchnahme der Härtefallregelung auch anwaltlich vertreten lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir