Warum werden ausgerechnet kleine, platzsparende und energieeffiziente Elektrofahrzeuge zukünftig von der THG-Quote ausgeschlossen?
Sehr geehrter Herr Demir,
vor einem halben Jahr habe ich mir einen Elektro-Roller (Klasse L3e-A1) angeschafft. Dieser soll mein Auto dauerhaft ersetzen. Damit möchte ich meinen Beitrag zur Senkung des Energieverbrauchs meiner Mobilität als auch den Platzverbrauch in der Stadt (in meinem Fall Berlin-Neukölln) leisten. Geladen wird der Roller mit 100% Öko-Strom.
Mit der novellierten Version der 38. BImSchV ist nun für Klein- und Leichtkrafträder wie meines die Möglichkeit entfallen, die THG-Quote zu verkaufen. Diese war ein wesentlicher Grund, mir einen Elektro-Roller zuzulegen.
Warum wurde diese Art Förderung ausgerechnet für kleine, platzsparende und energieeffiziente Fahrzeuge ersatzlos gestrichen? Warum veröffentlicht das UBA keine separaten Schätzwerte für diese Fahrzeugklassen, um diesen weiterhin die Teilnahme am THG-Handel zu ermöglichen? Bitte nehmen Sie Stellung, wie dieses Vorgehen mit den angeblichen Zielen der Mobilitätswende in Einklang zu bringen ist.
Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr U.,
danke für Ihre Frage.
Die Mineralölwirtschaft ist aufgrund der Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG § 37a ff) verpflichtet, die CO2-Emissionen ihrer Kraftstoffe durch den Einsatz von erneuerbaren Energien um einen prozentualen Wert, der THG-Quote, zu senken. Mit der THG-Quote setzt Deutschland die Vorgaben der Erneuerbare-Energien-Richtlinie um. Bisher wurden durch das System hauptsächlich Biokraftstoffe gefördert. Seit 2018 kann sich die Mineralölwirtschaft aber auch die Bereitstellung von Strom für E-Fahrzeuge auf ihre gesetzliche Verpflichtung anrechnen.
Die THG-Quote fördert also Energieerzeugnisse. In der Öffentlichkeit herrscht häufig das Missverständnis, dass durch die THG-Quote Fahrzeuge gefördert werden, was daran liegt, dass bei Ladungen von E-Fahrzeugen im privaten Bereich ein Pauschalwert angerechnet wird. Dies vereinfacht das Verfahren, weil es dadurch nicht notwendig ist, exakte Stromwerte aus Haushalten zu ermitteln und zu berichten bzw. diese durch das Umweltbundesamt (UBA) zu überprüfen. Für die Antragsstellung genügt es, die Zulassungsbescheinigung vorzulegen. Der derzeit gültige Pauschalwert beträgt 2000 kWh und entspricht der Strommenge, die für ein Pkw in Deutschland in Durschnitt Ladungen in privaten Bereich entnommen wird.
Mit der Weiterentwicklung des Systems im Jahr 2021 wurde die Förderung deutlich verbessert. Privatpersonen können den Quotenhandel mit der Mineralölwirtschaft über Zwischenhändler abwickeln, die den Fahrzeugbesitzer:innen derzeit jährlich um die 300 Euro bieten. Dies stellt eine attraktive Unterstützung des Betriebs elektrischer Fahrzeuge dar, finanziert durch den Handel mit der Mineralölwirtschaft.
Die Verbesserung der Förderung und Vereinfachung des Verfahrens führte jedoch auch dazu, dass nunmehr auch Halter:innen von Kleinstfahrzeugen diese bei den Zulassungsbehörden freiwillig anmelden und die Zulassungsbescheinigung für die Anrechnung der Strommengen nutzen. Zwar ist auch diese Form der Mobilität zu unterstützen, dies soll jedoch aus folgenden Gründen nicht über die THG-Quote erfolgen:
Der Pauschalwert von 2000 kWh ist eine mehrfache Überschätzung des Stromverbrauchs solcher Kleinstfahrzeuge. Die Anrechnung unrealistisch hoher Strommengen mindert die Notwendigkeit, andere nachhaltige Energieträger zur Quotenerfüllung einzusetzen, was wiederum zu weniger CO2-Minderung im Verkehr führt. Auch gefährdet eine solche Überförderung die Akzeptanz für das Gesamtsystem.
Und: Die hohen Erlöse stellen einen Anreiz dar, diese Kleinstfahrzeuge freiwillig zuzulassen, was zu einer Antragsflut bei den Zulassungsbehörden in den Kommunen führte und den normalen Betrieb deutlich beeinträchtigt.
Die 38. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) ermöglicht es, dass auch für andere Fahrzeugklassen besondere Pauschalwerte festgelegt werden. So sind Werte für leichte Nutzfahrzeuge und Busse verkündet worden. Letzteres führte dazu, dass der Betrieb von elektrischen Bussen im ÖPNV für kommunale Verkehrsbetriebe deutlich attraktiver wurde. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) plant (auch gemäß Masterplan Ladeinfrastruktur II) weitere Schätzwerte, etwa für Lkw, zu verkünden.
Eine Verkündung von niedrigeren Schätzwerten für Kleinstfahrzeuge ist nicht sinnvoll. Der reale Stromverbrauch dieser Fahrzeuge ist so gering, dass der Ertrag im Quotenhandel nur im einstelligen Eurobereich läge. Eine Förderwirkung wäre damit kaum gegeben und würde den hohen Vollzugsaufwand für die Zulassungsbehörden und das UBA nicht rechtfertigen.
Weitere Informationen zur Stromanrechnung finden Sie auf der Internetseite des BMUV: https://www.bmuv.de/service/fragen-und-antworten-faq/fragen-und-antworten-zur-anrechnung-von-strom-in-elektrofahrzeugen-im-rahmen-der-thg-quote.
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir