Frage an Hagen Reinhold von Lars K. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Abgeordneter,
Wie ist Ihre Haltung zum Thema automatische Gesichtserkennung und wie werden Sie sich bei einer Abstimmung dazu verhalten?
Danke und freundliche Grüße
Lars Köster.
Sehr geehrter Herr Köster,
vielen Dank für Ihre Frage vom 21. Juli 2020, in der Sie nach meiner Haltung zum Thema automatische Gesichtserkennung fragen.
Bereits im Januar haben wir zu diesem Thema im Plenum des Deutschen Bundestages debattiert und die Haltung der Freien Demokraten und auch meine Haltung dazu dargelegt.
Mit uns wird es keine flächendeckende automatisierte Gesichtserkennung im öffentlichen Raum geben. In unserem Antrag „Für ein Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum - keine automatisierte Gesichtserkennung durch die Bundespolizei“ (https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/168/1916862.pdf) fordern wir ausdrücklich, im Bundespolizeigesetz auch weiterhin auf die Befugnis zur automatisierten Gesichtserkennung zu verzichten. Wir teilen die Skepsis der Europäischen Kommission. Es braucht ein Moratorium für die Verwendung solcher Applikationen und es braucht ein allgemeines Gesetz, dass ein Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum vorsieht.
Die Digitalisierung bietet unendliche Chancen, auch im Sicherheitsbereich. Aber es ist eben nicht richtig, pauschal alle Menschen zu filmen und unter Generalverdacht zu stellen und die Daten abzugleichen. Wir Freien Demokraten sind klar dagegen, eine zweifelhafte, technisch unausgereifte Technologie jetzt einzuführen, ohne sich hinreichend damit beschäftigt zu haben. Wir müssen ganz genau hinschauen, was da passiert.
In Baden-Württemberg gibt es zum Beispiel am Fraunhofer-Institut Mannheim ein Projekt in diese Richtung. Dabei werden eben nicht alle Menschen per Video erkannt, sondern verpixelt gefilmt und die Szene wird erst dann aktiviert und klar erkennbar, wenn ein Mensch geschlagen, getreten oder sonst wie körperlich angegangen wird. Letztlich entscheidet dann ein Beamter, was in dieser konkreten Situation zu tun ist. Da sind wir durchaus offen.
Und auch wenn ich durchaus großes Vertrauen in die Landes- und Bundespolizei habe, Videoüberwachung allein ist kein Ersatz für Beamte und kein Allheilmittel. Intelligente Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten kann, verantwortungsvoll eingesetzt, eine sinnvolle Maßnahme zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sein, z.B. indem konkrete Gefahrensituationen automatisch identifiziert werden.
Durch den Einsatz von Software zur automatisierten und massenhaften Gesichtserkennung im öffentlichen Raum erhält Videoüberwachung aber eine neue Qualität. So ermöglicht die Technologie zum massiven Ausbau der automatischen Gesichtserkennung, wie von der Bundesregierung vorgeschlagen, im Moment doch den Übergang in einen Überwachungsstaat, den ich ablehne. Folglich würde ich auch einem Gesetz, dass die Möglichkeit automatisierter Gesichtserkennung in der Öffentlichkeit einräumt, im Deutschen Bundestag nicht zustimmen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Hagen Reinhold