Frage an Gustav Herzog von Holger S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Herzog,
mein Anliegen richtet sich an Sie als lokalen Ansprechpartner in Kaiserslautern und als Mitglied des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Leider ist in Kaiserslautern genau wie in jeder anderen deutschen Stadt so gut wie nirgends ein öffentlicher kostenloser Zugang zu einem WLAN-Netz möglich. Gerade dies wäre jedoch unter anderem eines der politischen Ziele für den Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland. Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland bei diesem Thema weit hinterher, was, wie Sie bestimmt wissen, von der Rechtslage in Deutschland ausgeht.
Viele private Personen wären bereit, ihr WLAN-Netz der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, aber tun dies nicht, da sie damit ein unkalkulierbares Risiko eingehen würden. Lediglich in Deutschland besteht das juristische Konzept, welches den Inhaber eines Internetanschlusses dafür haftbar macht, wenn Fremde diesen Anschluss für rechtswidrige Vorgänge nutzen. Dies kann zu Schadenersatzforderungen in existenzgefährdender Höhe führen.
Hier besteht eine offensichtliche Diskrepanz zwischen politischen Zielen und Legislative. Es existiert jedoch schon ein Gesetzesentwurf, welcher vorsieht, auch Privatpersonen von der sogenannten Störerhaftung bezüglich Internetanschlüssen auszuschließen. Daher würde ich gerne von Ihnen wissen, wie Sie zu dieser Thematik stehen, wie die aktuellen Entwicklungen innerhalb des Ausschusses und des gesamten Bundestages aussehen und was Sie zu tun gedenken, um andere Abgeordnete für diese Problematik zu sensibilisieren.
Mit herzlichem Dank im Voraus und freundlichen Grüßen,
Holger Seehase
Sehr geehrter Herr Seehase,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu der s. g. Störerhaftung bei öffentlichen/offenen WLAN-Netzen. Gerne hätte ich Ihnen bereits früher geantwortet, wollte jedoch für eine Antwort die Ergebnisse der politischen Diskussionen zu WLAN zwischen den bundesministeriellen Ressorts Innen, Wirtschaft und Justiz verfolgen. Die Beratungen zu Ihrer Frage sind nach wie vor im Gange. Dennoch will ich Sie nicht länger warten lassen und teile Ihnen meine noch nicht endgültige Position mit.
Zunächst die passende Passage aus dem Koalitionsvertrag, die für alle beteiligten Ministerien die Grundlage bildet:
„Die Potenziale von lokalen Funknetzen (WLAN) als Zugang zum Internet im öffentlichen Raum müssen ausgeschöpft werden. Wir wollen, dass in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar ist. Wir werden die gesetzlichen Grundlagen für die Nutzung dieser offenen Netze und deren Anbieter schaffen. Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber ist dringend geboten, etwa durch Klarstellung der Haftungsregelungen (Analog zu Accessprovidern). Gleichzeitig werden wir die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Gefahren solcher Netze für sensible Daten aufklären.“
Die Rechtssicherheit ist vordringlich für die Einrichtungen nötig, die schon jetzt WLAN-Netze öffnen, also die in der Debatte oft erwähnten Cafés, Hotels etc.. Aber auch für jeden privaten Inhaber eines WLAN-Netzes stellt sich die Frage der Rechtssicherheit, wenn er oder sie den Zugang mit Dritten teilt oder gänzlich öffnet.
Diese Frage und vor allem deren Lösung stehen in einem Spannungsfeld. Denn auch in der „digitalen Welt“ gelten die realen Regeln und Gesetze. Wer eine Einrichtung oder Dienstleistung zur Verfügung stellt oder nutzt, trägt dafür auch die Verantwortung. Das gilt auch für WLAN in den verschiedenen Angebotsvarianten. Daher ist es wichtig, insbesondere privates WLAN durch Passwörter etc. zu schützen.
Ob nun eine „simple“ Abschaffung der s. g. Störerhaftung für ALLE WLAN-Netze der Königsweg im Sinne der Anbieter und Nutzer ist, wage ich persönlich zu bezweifeln. Was passiert dann z. B., wenn eine rechtswidrige Aktion über eine solche Verbindung ausgeführt wird oder z. B. ich für Sie ohne Ihr Wissen etwas bei einem Online-Händler bestelle? Wer trägt da das Risiko, wer haftet? Wäre eine zu liberale Öffnung für alle und alles nicht ein besonders großes Einfallstor für Onlinekriminalität?
Ich denke, es ist die Aufgabe der fachlich zuständigen Kolleginnen und Kollegen, eine Rechtssicherheit zu schaffen, die einerseits dem öffentlichen Interesse an einem möglichst flächendeckenden öffentlichen WLAN Rechnung trägt, aber andererseits auch restriktiv genug ist, um den Schutz der Kunden zu gewährleisten.
Ich melde mich gerne wieder, wenn die Meinungsbildung weiter ist.
Mit freundlichen Grüßen
Gustav Herzog