Frage an Gunther Krichbaum von Thomas S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag Herr Krichbaum,
Sie wurden gefragt, wie Sie die Festsetzung der Sea-Watch 3 Kapitänin Carola Rackete werten, die 40 Flüchtlingen das Leben gerettet hat?
In Ihrer auf diese Frage bezogenen Antwort weisen Sie darauf, dass die Seenotrettung im Mittelmeer ein Gebot der Menschlichkeit wäre, dass aber die Fortführung der europäischen Seerettungsmission Sophia nicht möglich gewesen wäre, da nicht alle EU-Staaten hier die entsprechenden Überzeugungen geteilt hätten. Seitdem wären private Seenotretter verstärkt aktiv geworden. Sie merken hierbei an, dass unser Augenmerk auch darauf gerichtet werden muss, den Schleppern und Schleusern das Handwerk zu legen, die die Menschen nach Zahlung höchster Geldsummen auf seeuntauglichen Booten ihrem Schicksal überlassen und dabei deren Tod billigend in Kauf nehmen würden.
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/gunther-krichbaum/question/2019-08-22/321904
Frage 1:
Wenn die Fortführung der europäischen Seerettungsmission Sophia nicht möglich gewesen sein soll, weil nicht alle EU-Staaten die Überzeugung dafür geteilt hätten, hätte Deutschland dann nicht alleine oder mit anderen willigen Staaten eine eigene Seerettungsmission aufstellen können/sollen?
Frage 2:
Gabe/gibst es Ansätze dazu?
Frage 3:
Hat die deutsche Politik in den letzten 4 Jahren aktiv eine Seenotrettung im Mittelmeer betrieben bzw. unterstützt, wenn ja wie und wo?
Frage 4:
Sie Herr Krichbaum sind seit 2005 Mitglied des Bundestags, was haben Sie in dieser Zeit politisch unternommen, um dem Leiden und Sterben von Flüchtlingen im Mittelmeer entgegen zu wirken?
Frage 5:
Wie würden Sie die Ursachen der Fluchtkrise beschreiben?
Frage 6:
Wirken Sie diesen Ursachen entgegen, wenn ja wie?
Frage 7:
Was unternimmt die Politik gegen Schlepper und Schleuser?
Gibt es hier Erfolge, wenn ja, welche?
Viele Grüße Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte.
Frage 1-3:
Es ist grundsätzlich so, dass das Thema „Seerettung“ – auch im Lichte international gültigen Seerechts – lediglich europaweit koordiniert Sinn ergibt. Nationale Alleingänge bergen stets Konfliktpotenzial. Dies wurde nicht zuletzt am Beispiel Italiens deutlich, als der ehemalige Innenminister Matteo Salvini mehreren Flüchtlingsschiffen die Einfahrt in italienische Häfen verweigerte.
Frage 4:
Ich unterstütze die grundsätzliche Haltung der Bundesregierung; wir dürfen den humanitären Aspekt von Seenotrettungen nicht vernachlässigen. Natürlich muss demnach die Maxime gelten, dass niemand im Mittelmeer ertrinken darf. Zugleich ist jedoch auch zu beachten, dass wir die Schleuserkriminalität entschieden bekämpfen. Es darf nicht sein, dass sich skrupellose Schleuser gleichsam auf europäische Seenotrettungsprogramme „verlassen“ und sich dadurch erst recht ermutigt fühlen, ihr widerwärtiges „Gewerbe“ zu betreiben.
Frage 5:
Selbstverständlich gibt es viele Gründe für Migration: Krieg, politische Verfolgung, die Zerstörung natürlicher Lebensgrundlagen durch den Klimawandel, wirtschaftliche Perspektivlosigkeit. Das Motiv, bitterer Armut entkommen zu wollen, ist höchst menschlich und natürlich nachvollziehbar. Aber im Vergleich zu Krieg und Verfolgung hat dieser Fluchtgrund für mich ein anderes Gewicht. In diesem Zusammenhang zitiere ich unseren ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck: „Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich“.
Frage 6:
Fluchtgründe bekämpfen wir durch militärische Friedens- und Ausbildungsmissionen wie etwa in Mali, vielfältige Entwicklungshilfeprogramme (in deren Rahmen sich Deutschland übrigens finanziell weit überdurchschnittlich engagiert) und effektiven Klimaschutz. Der letztgenannte Punkt ist natürlich besonders aktuell – und wird uns auch zunehmend als Fluchtgrund beschäftigen, zumal im Hinblick auf den afrikanischen Kontinent. Ich darf an dieser Stelle betonen, dass gerade das wegweisende Pariser Klimaschutzabkommen ohne Bundeskanzlerin Angela Merkel sicherlich nicht zu Stande gekommen wäre.
Frage 7:
Auch hier gilt, dass nur europaweite Anstrengungen – und nicht nationale Alleingänge – fruchten. Ursula von der Leyen hat bereits angekündigt, hier sehr rasch nach ihrem Amtsantritt konkrete Maßnahmen vorstellen zu wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Buchholz
Büroleiter