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Gunther Krichbaum
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Frage von Hans M. •

Frage an Gunther Krichbaum von Hans M. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Kirchbaum,

den Medien entnehme ich, dass Österreich beabsichtigt, einen Gesetzesvorschlag einzubringen, der die Indexierung der Familienbeihilfe vorsieht, die sich exakt an den damaligen Vorschlag der EU-Kommission gegenüber Großbritannien anlehnt.

Aus welchem Grund ist hier ihre Partei so zögerlich und folgt nicht den österreichischen Bestrebungen?

Danke und Gruß
B. M.

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Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ein wichtiges Thema betrifft. Dabei sind zwei Komplexe zu trennen: Zum einen der bewusste Missbrauch der Kindergeldzahlungen durch die Vorlage falscher Geburtsurkunden oder andere betrügerische Handlungen. Dies betrifft zwar nur einen geringen Teil der Kindergeldzahlungen an EU-Bürger, die in Deutschland arbeiten, diese Vorfälle sind dann aber stets sehr medienwirksam. Hier sind insbesondere die Kommunen gefordert, bei Verdachtsfällen ihre Kontrollen zu verstärken. Die große Mehrheit der EU-Bürger erhält das Kindergeld für ihre in der Heimat verbliebenen Kinder jedoch vollkommen rechtmäßig. Mir ist es wichtig, dies zu trennen.

Allerdings bin auch ich der Auffassung, dass diese Rechtslage angesichts der wachsenden Fallzahlen geändert werden sollte. Bereits in der letzten Wahlperiode hatte der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf Drängen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Brüssel eine entsprechende Initiative gestartet. Es ist also nicht so, dass Österreich nun erstmals dieses Thema für sich entdeckt hat.

Leider hatte der damalige deutsche Vorstoß in Brüssel keinen Erfolg. Nur wenige andere Mitgliedstaaten unterstützten den deutschen Vorschlag, das Kindergeld für im Heimatland verbliebene Kinder an die dortigen Lebenshaltungskosten anzupassen. Insbesondere die Staaten Mittel- und Südosteuropas waren geschlossen gegen jede Änderung. Damit kam die erforderliche Mehrheit im Europäischen Rat nicht zustande. Selbst wenn das gelungen wäre, hätte in der Folge auch noch das Europäische Parlament zustimmen müssen. Dort wird eine solche Indizierung bislang ebenfalls sehr skeptisch gesehen, weil dies als ungerechtfertigte Diskriminierung von Arbeitnehmern aus anderen EU-Staaten angesehen wird.

Deutschland hat daraufhin im Rahmen der EU-rechtlichen Vorgaben nationale Maßnahmen ergriffen, um den Missbrauch bei den Kindergeldzahlungen zu bekämpfen. So wurde beispielsweise der Datenaustausch zwischen den verschiedenen Behörden verbessert. Auch wurde die rückwirkende Auszahlung des Kindergeldes begrenzt. Eine Indizierung des Kindergeldes an die Lebenshaltungskosten würde dagegen nach ganz überwiegender Auffassung gegen geltendes EU-Recht verstoßen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) würde dieser Praxis dann sehr rasch ein Ende bereiten. Daher hat sich die Bundesregierung entschieden, keinen nationalen Alleingang zu starten. Sollten in Österreich entsprechende Regelungen verabschiedet werden, ist ein Verfahren vor dem EuGH absehbar.

Sie verweisen nun auf eine Sonderregelung für Großbritannien, auf die sich Österreich beruft. Im Vorfeld des Brexit-Referendums wollten die EU-Mitgliedstaaten den damaligen Premierminister David Cameron in seiner Kampagne für einen Verbleib Großbritanniens in der EU unterstützen. Daher waren sie nach längeren Diskussionen bereit, im Falle des Verbleibs für Großbritannien Sonderregelungen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu akzeptieren, denn die Brexit-Debatte wurde vornehmlich von dem starken Zuzug von EU-Ausländern nach Großbritannien geprägt. Zu diesen Sonderregelungen gehörte auch eine Anpassung des Kindergeldes an die Lebenshaltungskosten. Allerdings stellten die Mitgliedstaaten damals deutlich klar, dass diese Regelung nur für Großbritannien gelten solle. Der deutsche Vorschlag, dies allen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, fand bereits damals keine Mehrheit. Österreich wird sich vor dem EuGH daher auf die damalige Ausnahmeregelung für Großbritannien nicht berufen können, die zudem nur eine Absichtserklärung war und nie offiziell beschlossen wurde.

Die CDU/CSU-Abgeordneten im Deutschen Bundestag werden sich weiterhin dafür einsetzen, dass den einzelnen EU-Staaten die Anpassung an die Lebenshaltungskosten gestattet wird. Vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai nächsten Jahres und der Neubildung der EU-Kommission ist bei diesem Thema aber kein Fortschritt zu erwarten. Trotzdem werden wir unsere parlamentarischen Kontakte zu unseren Kolleginnen und Kollegen in den anderen nationalen Parlamenten nutzen, um auf die Dringlichkeit des Anliegens hinzuweisen. Ohne eine Mehrheit im Europäischen Rat und im Europäischen Parlament wird diese Änderung aber nicht durchsetzbar sein.

Mit freundlichen Grüßen

Gunther Krichbaum

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