Frage an Gunther Krichbaum von Martin K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Krichbaum!
Mich treibt schon seit längerer Zeit die Frage um, warum von der Bundesregierung und den Medien immer davon berichtet wird, dass es Deutschland sehr gut gehen würde und dass Deutschland ein reiches Land sein würde. es ist im Moment richtig, dass alle Deutschen zusammen ein großes Vermögen haben. Der Reichtum der Deutschen wird aber eigentlich nur durch Zahlen auf Banknoten und Konten als Buchgeld beschrieben. Was wäre, wenn es durch soziale bzw. gesellschaftliche Unruhen beispielsweise durch eine wirtschaftsorientierte Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik zu Kursstürzen an den Aktienmärkten kommen würde. Wie bei den Mieten könnten auch andere Bereiche des Lebens von einer plötzlichen großen Preissteigerung betroffen sein. Sollte dann noch die Wirtschaft ins Stocken geraten, würde es bei vielen Deutschen große Probleme geben, weil sie vieles, was sie sich angeschafft haben, über Kredite finanzieren und damit die Schulden exorbitant steigen würden und bisher Vermögende plötzlich einen Großteil ihres Vermögens verlieren würden. Warum wird der deutschen Bevölkerung angesichts der bröckelnden inneren Sicherheit ein Sicherheitsgefühl von Wohlstand vorgegauckelt, der den Verlust von innerer Sicherheit und einer funktionierenden Rechtsstaatlichkeit aufwiegen könnte. Nach meiner Meinung sind die meisten Parteien und viele Politiker im Bundestag nicht ehrlich darin, den Bürgern zu sagen, dass sowohl die innere Sicherheit als auch der tatsächliche Wohlstand abnehmen. Deutschland kann es innerhalb der EU und im Verhältnis zu den anderen großen Industrienationen wie zb. die USA, Russland oder China nur gut gehen, wenn die EU mit einer Stimme spricht. Deutschland profitiert im Moment von den armen und hoch verschuldeten Ländern in der EU. Sollte Deutschland nicht für eine Wohlstandsangleichung innerhalb der EU und auf der Welt zu sorgen, damit uns nicht die Probleme bald todsicher einholen und die EU auseinanderbricht?
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Allerdings kann ich Ihr pessimistisches Bild von unserem Land nicht teilen. Deutschland ist die unbestrittene Konjunkturlokomotive in Europa, die Arbeitslosigkeit ist auf den geringsten Wert seit der Wiedervereinigung gesunken, Löhne und Renten steigen. Besonders erfreulich ist es dabei, dass wir der Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit endlich zu deutlich spürbaren Fortschritten kommen.
Auch dem Eindruck, die Innere Sicherheit würde in Deutschland „bröckeln“, muss ich widersprechen. Gerade vor wenigen Wochen wurden die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistiken der Bundesländer vorgelegt. Demnach ist die Zahl der Straftaten in unserem Land im letzten Jahr so stark gesunken wie seit 20 Jahren nicht mehr. Insbesondere bei den Wohnungseinbrüchen, die von den Opfern als besonders schlimmer Eingriff empfunden werden, kam es zu einem ganz besonders starken Rückgang von über 20%. Dies ist auch das Ergebnis einer Strafverschärfung bei Wohnungseinbrüchen und einem millionenschweren Förderprogramm zur Sicherung von Fenstern und Türen, dass der Bund vor einigen Jahren aufgelegt hat. 40% aller Wohnungseinbrüche werden nach wenigen Sekunden aufgrund zu starker Sicherungsmaßnahmen abgebrochen. Daher ist Prävention hier so wichtig.
Natürlich weiß ich, dass Statistiken das eine sind, das individuelle Sicherheitsgefühl aber etwas ganz anderes. Auch wenn die Zahlen eine völlig andere Sprache sprechen, fühlen sich beispielsweise viele Menschen in Bahnhöfen und in den Bahnen sehr unsicher, obwohl die Kriminalität dort eher unterdurchschnittlich ist. Deshalb ist es vor allem wichtig, die Polizei wieder „sichtbarer“ zu machen. In Pforzheim wurde beispielsweise der Einsatz der berittenen Polizei sehr positiv aufgenommen. Der Bund wird daher – so ist es im Koalitionsvertrag vereinbart – 7500 neue Stellen bei seinen Sicherheitsbehörden schaffen. Ich hoffe sehr, die Länder werden dem folgen.
Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass Europa im globalen Wettbewerb seinen Wohlstand und seine soziale Absicherung nur dann bewahren kann, wenn es mit einer Stimme spricht. Heute machen wir Europäer noch 7% der Weltbevölkerung aus, zum Ende des Jahrhunderts wird diese Quote auf 4% gesunken sein. Daher haben wir ein großes Interesse daran, dass es auch unseren europäischen Partnern gut geht. Europa ist deshalb eine Solidargemeinschaft, in der wirtschaftlich stärkere Länder ihre schwächeren Partner mit Investitionshilfen unterstützen. Insbesondere in den osteuropäischen Staaten kann sehr eindrucksvoll beobachtet werden, wie mit diesem Geld die Infrastruktur und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft verbessert wurde. Insgesamt hat ganz Europa auf den Wachstumsweg zurückgefunden. Allerdings gilt auch der Satz, dass die notwendigen Reformen nur von den betroffenen Ländern selbst durchgeführt werden können. Hilfen kann es daher immer nur dann geben, wenn auch entsprechende Reformauflagen erfüllt werden. Etwas anderes können wir vor unseren deutschen Steuerzahlern nicht rechtfertigen.
Mit freundlichen Grüßen
Gunther Krichbaum