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Gunther Krichbaum
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Frage von Willi R. •

Frage an Gunther Krichbaum von Willi R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Krichbaum,

Teilen Sie folgende Bewertung zum Urteil des Deutschen Verfassungsgerichts,
in der Klage gegen den, von der EZB verfügten, schrankenlosen Ankauf von Staatspapieren, von den, in Bankrott taumelnder, EU-Staaten.

"Die Übersendung des Verfahrens nach Luxemburg wurde mit sehr konkreten, äusserst unbequemen Auflagen ergänzt.
Das Deutsche Bundesverfassungsgericht hat zunächst klar festgehalten, dass das schrankenlose Aufkaufen maroder Staatspapiere durch die Europäische Zentralbank für Deutschland verfassungswidrig ist und, für die Europäische Union, vertragswidrig sei. Das Verfassungsgericht hält indessen fest, dass diese Tatsache durch das Europäische Gericht festzustellen und auch zu sanktionieren sei.
Darauf folgt die Aussage: Sei der Europäische Gerichtshof zu diesen beiden Massnahmen nicht bereit, würde sich das Deutsche Verfassungsgericht vorbehalten, seinerseits die Vertrags- und Verfassungswidrigkeit des Handelns der Europäischen Zentralbank festzuhalten. Es müsste dazu, so hält das höchste deutsche Gericht fest, die deutschen Staatsorgane auffordern, die Konsequenzen aus diesem Tatbestand zu ziehen. Dies würde die deutschen Staatsorgane – Regierung und Parlament – zu Schritten zwingen, welche einerseits die Verfassungswidrigkeit des Vorgehens der Europäischen Zentralbank zu ahnden hätten und die zweitens die deutschen Staatsbürger und Steuerzahler vor den Auswirkungen der unrechtmässigen Massnahmen der Europäischen Zentralbank zu schützen hätten.
Ein solches Urteil könnte Deutschland allenfalls gar zwingen, die Euro-Zone zu verlassen, dem Euro also abzuschwören und die Rückkehr zu einer nationalen Währung einzuleiten".

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ezb-anleihenkaeufe-wolfgang-muenchau-zum-urteil-des-bvg-a-952997.html

Äusserst unangenehme Fragen kommen auf Mario Draghi zu. Brüssel dürfte sich genötigt sehen, weiteres rechtswidriges Handeln seiner Zentralbank zu beenden, erfolgte rechtsverletzende Massnahmen zu korrigieren und Schuldige daran allenfalls persönlich zu belangen.

Können Sie dieser Bewertung so zustimmen?

Mit freundlichen Grüßen
Willi Riebesehl

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Sehr geehrter Herr Riebesehl,

Ihre Bewertung der Sachlage teile ich nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat aus dem laufenden Verfahren zur Errichtung des ESM und zum Fiskalpakt denjenigen Teilbereich herausgelöst und das Verfahren dazu vorübergehend ausgesetzt, der sich auf den OMT-Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 6. September 2012 bezieht. Mit diesem Beschluss hat die EZB vorgesehen, dass das europäische Zentralbanksystem Staatsanleihen ausgewählter Mitgliedstaaten in unbegrenzter Höhe aufkaufen kann, sofern diese Reformprogramme nach Maßgabe des ESM (oder EFSF) durchführen. Das Bundesverfassungsgericht hat am 7. Februar bekanntgegeben, dass es dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu diesem OMT-Beschluss mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorlege, die sich insbesondere darauf bezögen, ob der Beschluss mit dem Primärrecht der EU vereinbar sei. Zwar gibt das Bundesverfassungsgericht in diesem Vorlagebeschluss deutliche Hinweise, welche Voraussetzungen aus seiner Sicht erfüllt sein müssten. Ob aber der OMT-Beschluss der Europäischen Zentralbank tatsächlich die Verfassungsidentität des Grundgesetzes verletzen kann, ist aus Sicht des Gerichtes derzeit nicht sicher absehbar und hänge nicht zuletzt von Inhalt und Reichweite des – primärrechtskonform ausgelegten – OMT-Beschlusses ab. Dieser Auslegung durch den EuGH möchte ich nicht vorgreifen.

Mit freundlichen Grüßen

Gunther Krichbaum

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