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Gunther Krichbaum
CDU
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Frage von roy s. •

Frage an Gunther Krichbaum von roy s. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Krichbaum,

in den Verhandlungen zum Koalitionsvertrag haben sich SPD und CSU für die
Einführung von bundesweiten Volksentscheiden ausgesprochen. 80% der Bundesbürger
wollen das auch.
Es gibt sicher gute Gründe für Volksentscheide.
Die CDU blockiert bislang die Bestrebungen.
Ich bitte Sie darzulegen, welche Argumente die CDU contra Volksentscheide hat.

Mit freundlichem Gruss

Roy Schaefer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schaefer,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 3. Dezember 2013, in der Sie mich um meine Meinung zur Einführung bundesweiter Volksabstimmungen bitten.

Grundsätzlich kann ich den vielfach geäußerten Wunsch nach einer direkten Beteiligung an den in unserem Land zu treffenden Entscheidungen nachvollziehen. Es geht dabei um die grundlegende Frage, ob unser System der parlamentarischen Demokratie um Elemente einer direkten Demokratie ergänzt werden sollte.

Dabei sehe ich die Diskussion über die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene sehr kritisch. Solche Formen der direkten Demokratie haben sich auf kommunaler Ebene in vielen Bundesländern zwar bewährt, so auch in Bayern. Dies mag die Haltung der CSU beeinflussen. Diese Erfahrungen lassen sich aber nicht auf das gesamte Bundesgebiet übertragen. Durch nationale Volksabstimmungen hätten lautstarke Minderheiten die Gelegenheit, ihre Positionen, die im parlamentarischen Verfahren ohne Chance wären, durchzusetzen. Dies würde den Populisten von links und rechts helfen. Daher haben sich die Mütter und Väter des Grundgesetzes nach den Erfahrungen aus der Weimarer Republik ganz bewusst gegen Plebiszite entschieden. Die Erfahrungen in unseren Nachbarländern zeigen im Übrigen, dass die Beteiligung an diesen Abstimmungen stets gering ist. In der Schweiz beispielsweise wird selten eine Wahlbeteiligung von mehr als 50 % erreicht. Zudem zeigen sämtliche Untersuchungen, dass sich an Referenden vornehmlich die besser ausgebildeten und besser verdienenden Schichten der Bevölkerung beteiligen. Dies verengt aber den Kreis derer, die entscheiden.

Ich bin aber überzeugt, und die Erfahrungen in der Geschichte der Bundesrepublik zeigen dies, dass die parlamentarische Debatte die beste Form der politischen Auseinandersetzung darstellt. Dies schreibe ich ganz bewusst als Abgeordneter, der in den ersten drei Jahren seiner Tätigkeit in Berlin Mitglied einer Oppositionsfraktion war. Obwohl ich mir aus der rot-grünen Regierungszeit eine Reihe von Themen vorstellen kann, bei denen ein Volksentscheid von der Union gewonnen worden wäre, vertraue ich doch auf die parlamentarische Beratung. Im Parlament können übergreifende Kompromisse gefunden werden, die auch von der politisch unterlegenen Bevölkerungsgruppe akzeptiert werden. Diese friedensstiftende Funktion des Parlamentsgesetzes sehe ich bei einem Referendum nicht, es kann im Gegenteil zu einer Spaltung der Bevölkerung führen. Zur Vermeidung dieser Gefahr und zur breiten und ausgewogenen Diskussion über die großen Zukunftsfragen unseres Landes ist das Parlament der richtige Ort.

Bei den wichtigen und kontroversen Entscheidungen des Parlaments kann jeder Wähler in den Protokollen des Bundestages nachlesen, welchen Gesetzesvorschlag die einzelnen Abgeordneten unterstützen und welchen sie ablehnten. Als Bundestagsabgeordneter muss ich mich daher stets gegenüber den Menschen in meinem Wahlkreis für mein Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag rechtfertigen. Eine solche direkte Verantwortlichkeit kann aber naturgemäß bei Volksabstimmungen nicht bestehen. Dort entscheidet jeder einzelne Wähler nur nach seinen persönlichen Vorstellungen. Zudem würde die Bedeutung des Parlaments und der Abgeordneten geschmälert, wenn ihre Entscheidungen durch Volksabstimmungen korrigierbar wären. Dies würde der Wahlbeteiligung sicher keinen guten Dienst erweisen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Gedanken zu diesem Thema näherbringen, auch wenn ich dabei von Ihrer Position abweiche.

Mit freundlichen Grüßen

Gunther Krichbaum

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