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Gunther Krichbaum
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Frage von Johannes B. •

Frage an Gunther Krichbaum von Johannes B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Krichbaum,

Sie haben bei dem Antrag der Fraktion Die Linke Wasser ist Menschenrecht - Privatisierung verhindern (Drucksache 17/12482) mit "Nein" gestimmt!

Demnach ist Wasser für sie kein Menschenrecht! Meine Frage ist nun ob das wirklich Ihr Ernst und Ihre Überzeugung ist? Falls dem so ist, würde mich interessieren was daran christlich (da Sie ja in der CDU sind) ist? Falls nicht, warum haben sie dann so abgestimmt?

Mit freundlichen Grüßen,

Johannes Bauer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Bauer,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Der Antrag der Fraktion "Die Linke" bezieht sich auf ein laufendes EU-Rechtsetzungsverfahren.

Lassen Sie mich kurz auf den Hintergrund des fraglichen Richtlinienentwurfs eingehen: Bisher müssen Kommunen Dienstleistungskonzessionen nicht EU-weit ausschreiben. Nach den Vorschlägen der Kommission und nach zahlreichen Gerichtsentscheidungen auch in Deutschland soll sich dies nun ändern. Der Richtlinienentwurf zur Konzessionsvergabe der Kommission ist im Dezember 2011 veröffentlicht worden. Er wird im Mitentscheidungsverfahren von Rat und Parlament entschieden, wahrscheinlich noch vor der Sommerpause 2013.

Der nun im Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments in den sog. Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, EU-Kommission und Mitgliedstaaten abgestimmte Text führt nach intensiven Verhandlungen der CDU/CSU-Abgeordneten an vielen Stellen zu erheblichen Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission. Die Richtlinie sieht keineswegs, wie wider besseres Wissen behauptet wurde, eine allgemeine "Liberalisierung" der Trinkwasserversorgung vor. Nur dann, wenn eine Kommune selbst entschieden hat, die Stadtwerke – teilweise oder insgesamt zu privatisieren bzw. Dritte zu beauftragen, gelten die neuen Regeln, und zwar nur für Verträge, die nach Inkrafttreten der Richtlinie abgeschlossen werden.

Die Richtlinie stellt ausdrücklich klar, dass es den Kommunen selbst überlassen bleibt, zu entscheiden, wie sie ihre Dienstleistungen organisieren. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion möchten den Kommunen ebenfalls dieses Selbstentscheidungsrecht erhalten. Daher haben wir dem Antrag der Fraktion "Die Linke", die ein absolutes Privatisierungsverbot im Bereich der Trinkwasserversorgung forderte, nicht zugestimmt.

Zur näheren Erläuterung möchte ich noch folgende Hinweise geben:

1.) Die Richtlinie lässt kommunale Eigenbetriebe vollkommen unangetastet: Wenn eine Kommune Dienstleistungen der Daseinsvorsorge (wie z.B. Trinkwasserversorgung) selbst erbringt, fällt sie überhaupt nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Das gilt für die kleineren Kommunen in Deutschland fast überall.

2.) Selbst wenn die Kommune in ihren Stadtwerken einen privaten Partner hat, die Kommune in den Stadtwerken aber einen beherrschenden Einfluss ausübt, bleiben Konzessionen aus dem Anwendungsbereich ausgenommen, wenn die Stadtwerke ihr Geschäft auf dem Gebiet der Kommune erbringen.

3.) Nur für den Fall, dass die teilprivatisierten Stadtwerke mehr als 20% ihres Geschäfts außerhalb ihrer eigenen Kommune erbringen, müssen Dienstleistungen künftig - genau so wie öffentliche Aufträge schon bislang - ausgeschrieben werden.
Denn eines ist klar: Wer sich auf den Markt begibt oder einen privaten Partner bei den Stadtwerken als Miteigentümer aufgenommen hat, wird unter den o.g. Umständen eine öffentliche Ausschreibung vornehmen müssen, um in diesem Falle allen privaten Betreibern die gleichen Chancen zu geben und die Steuer- und Gebührenzahler zu schützen sowie Transparenz der Verträge zu ermöglichen.

In einer Aussprache im Europäischen Parlament Ende Februar 2013 hat Kommissar Michel Barnier angekündigt, Artikel 1 der Richtlinie um den Hinweis zu ergänzen, dass es ausdrücklich nicht das Ziel der Richtlinie ist, den Wassermarkt zu privatisieren, sondern dass Wasser auch künftig als öffentliches Gut anzusehen ist. Die Bedenken der CDU/CSU-Abgeordneten wurden also ernst genommen und berücksichtigt. Auch wir lehnen eine Pflicht zur Privatisierung der Trinkwasserversorgung strikt ab, möchten aber die Entscheidung hierüber den Kommunen überlassen.

Mit freundlichen Grüßen

Gunther Krichbaum

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