Frage an Gunther Krichbaum von Albert S. bezüglich Soziale Sicherung
Betr.: Direktversicherung, doppelte Belastung mit Sozialbeiträgen
Sehr geehrter Herr Krichbaum,
Sicher haben auch Sie schon von der Enttäuschung und der Wut von Millionen von Betroffenen gehört, die nach Auszahlung ihrer jahrzehntelang angesparten Direktversicherung nunmehr von ihrer Gesetzlichen Krankenkasse zur nochmaligen Zahlung von Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträgen aufgefordert werden.
Das von der Rot/Grünen Bundesregierung zum 1.1.2004 hierzu erlassene Gesetz gilt rückwirkend auch für alle bereits lange davor abgeschlossenen Verträge. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass die Beiträge zu diesen Versicherungen in den meisten Fällen von Arbeitnehmern von ihrem Nettolohn bezahlt wurden.
Verständlicherweise fühlen sich nun alle diejenigen betrogen, die dem Einreden der Politik geglaubt, einen Beitrag zur privaten Rentenaufstockung angespart haben und nun feststellen, dass durch rückwirkende Gesetzesänderungen diese Art der Vorsorge in höchstem Maße unrentabel ist.
Leider vermeiden es aber auch die seit 2005 regierenden Parteien ( CDU, SPD bzw.FDP ), das Problem anzugehen, auch Petitionen beim Deutschen Bundestags bleiben unbeantwortet. Damit sind die etablierten Parteien für den betroffenen Personenkreis schlichtweg nicht mehr wählbar; Wahlen werden boykottiert oder aus Protest Splitterparteien gewählt.
Auch ich bin von dieser unglaublichen und m.E.sittenwidrigen Betrugsregelung betroffen: aus meiner Direktversicherung, unter Verzicht angespart aus Nettoeinkommen, bleibt mir unterm Strich ein Minusbetrag von 650 Euro! Also eine reine Verlustanlage, verdient hat daran nur ein Versicherungskonzern!
Sehr geehrter Herr Krichbaum, kann eine Regierung sich solchen Umgang mit seinen Wählern erlauben?
Vielen Dank und Freundliche Grüße
Albert Schorr
Sehr geehrter Herr Schorr,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Beitragspflicht für Direktversicherungen.
Ihre Verärgerung über die bei Vertragsabschluss nicht absehbare volle Beitragspflicht auf Direktversicherungen mit einmaliger Kapitalauszahlung kann ich nachvollziehen.
Die Neuregelungen des seinerzeitigen Gesundheitsmodernisierungsgesetzes dienten dazu, die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherungen zu senken, um so im Bereich der Lohnnebenkosten zu Entlastungen zu kommen. Zur Finanzierung dieser Reform waren vielfältige Regelungen notwendig, die von den Betroffenen häufig als ungerecht empfunden wurden, die aber im Gesamtzusammenhang verständlich erscheinen. Heute wissen wir, dass diese Reformen, die die damalige rot-grüne Bundesregierung viel zu lange verschleppt hatte, entscheidend für den nachfolgenden wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland waren. Nachdem unser Land zu Beginn des letzten Jahrzehnts häufig als "kranker Mann in Europa" dargestellt wurde, sind wir dank einer deutlich gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit wieder Konjunkturlokomotive in Europa. Dazu hat auch die Deckelung der Krankenversicherungsbeiträge beigetragen.
Durch das von Ihnen kritisierte Gesetz wurde klargestellt, dass Betriebsrenten, wie z.B. Direktversicherungen, auch dann beitragspflichtig sind, wenn sie nicht als monatliche Rente gezahlt werden, sondern als einmalige Kapitalleistung. Die fälligen Beiträge auf Einmalzahlungen werden dabei über zehn Jahre gestreckt. Bei der Beurteilung dieser neuen Beitragspflicht muss aber berücksichtigt werden, dass auf Direktversicherungen, die als monatliche Rente ausgezahlt werden, schon seit über 20 Jahren Krankenversicherungsbeiträge zu entrichten waren.
Somit werden Einmalzahlungen und laufende Rentenleistungen nun gleich behandelt. Direktversicherungen und andere Betriebsrenten sind damit unabhängig von der Art der Auszahlung beitragspflichtig. Dies halte ich für gerecht.
Es ist dabei unerheblich, ob die früheren Einzahlungen in die Direktversicherung aus Einkommen geleistet worden sind, auf das bereits Beiträge zur Krankenversicherung erhoben wurde. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung richten sich alleine nach der aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten, zu der auch Einkünfte aus einer Direktversicherung zählen. Sowohl Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung als auch ihnen vergleichbare Betriebsrenten sind deshalb mit dem gesamten Zahlbetrag beitragspflichtig. Die bislang bestehende Ungleichbehandlung beider Zahlweisen war ein Verstoß gegen die Beitragsgerechtigkeit, weil Versicherte mit identischer finanzieller Leistungsfähigkeit bislang einen deutlich unterschiedlichen Anteil an der Finanzierung der GKV zu leisten hatten, je nachdem, ob ihre Betriebsrente monatlich oder einmalig ausgezahlt wurde oder ob ihr Einkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammt. Eine solche Differenzierung der Beitragspflicht alleine nach dem Auszahlungsmodus ist in der solidarisch finanzierten GKV kaum zu begründen. Hinzu kommt, dass dem Gesetzgeber auch unter Beachtung von Vertrauensschutzaspekten eine Anpassung der Beitragshöhe und der Bemessungsgrundlage möglich sein muss, um die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung sicherzustellen. Dies hat inzwischen auch das Bundesverfassungsgericht inzwischen ausdrücklich bestätigt.
Meinen Kollegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und mir war bereits bei der Beschlussfassung über das Gesetz bewusst, dass die Mehrbelastung bei Direktversicherungen und anderen Betriebsrenten für manche Rentner eine sozialpolitische Härte darstellt. Gleichwohl haben wir seinerzeit zugestimmt, um die Beitragsungerechtigkeit zu beseitigen. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage würde aber genau jenen nicht zu rechtfertigenden Unterschied in der Behandlung von Einmalzahlungen und laufenden Renten wieder herstellen. Daher haben wir eine abermalige Änderung nach Übernahme der Regierungsverantwortung auch nicht in Erwägung gezogen.
Ich hoffe, Ihnen damit unsere Argumente näher gebracht zu haben, auch wenn wir Ihrem Anliegen leider nicht entsprechen können.
Mit freundlichen Grüßen
Gunther Krichbaum