Frage an Gunther Krichbaum von Hannah B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Krichbaum,
Deutschland kommt wie viele andere EU Länder für die Schulden Griechenlands auf, auch wenn es absehbar ist, dass sich Griechenland nicht entsprechend schnell sanieren wird.
Als einer Ihrer Dienstherren (deutscher Staatsbürger) sehe ich mich jedoch in einigen Grundrechten verletzt.
Als Diplom Verwaltungswirtin FH wurde ich höchst selbst von Mitarbeitern der Regierung in den Grundrechten und EU Recht ausgebildet und was die Regierung hier tut, ist leider nicht verfassungskonform.
Da wäre zum ersten Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsprinzip) und dem Art 14 GG (Eigentum,Erbrecht,Enteignung) zu nennen. Hieraus folgt das Stabilitätsprinzip.
Die größten Probleme für Deutschland sehe ich im Haushaltsausgleich (Art. 110, 115 Abs. 2 GG inkl. Gesetze und Verordnungen etc.) und der sog. Schuldenbremse Art 115 Abs. 2 GG.
Wie bitte schön soll das funktionieren und v.a. welches Gesetz ermächtigt denn die Bundesregierung gegen das Grundgesetz zu verstoßen (ggf.Ausnahmen)? Ich sehe die Abwehr eines gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichts in Deutschland nicht, eher die Bedrohung der Haushaltsstabilität und damit die Zukunft unserer Kinder. Die Finanzierung Griechenlands verstößt in Konsequenz auch auf EU Ebene gegen den AEUV (Haushaltsstabilität).
Bitte verraten Sie mir doch, woher die Regierung die Milliarden für Griechenland genommen haben bzw. wo sie künftig eingespart werden? Im Bereich Soziales (Kapitalrücklagen der Sozialversicherungsträger? Rentenkürzungen?Sozialfonds?), Bildung? Also in der Zukunft unserer Kinder?
Bitte erklären Sie Ihrem Dienstherrn, dem DEUTSCHEN VOLK, doch bitte wie der Haushalt in den nächsten 10 Jahren aussehen soll und auch wie sie diesen Verstoß gegen mehrere Grundgesetze auf Bundes und Landesebene v.a. im Haushaltsbereich rechtfertigen.
Sehen Sie wie ich auf lange Sicht die Haushaltsstabilität durch die EU Schwachen Länder bedroht?
Über eine kritische Stellungnahme würde ich mich sehr freuen.
Freundliche Grüße
Sehr geehrte Frau Bock,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Einbringung und die Beratungen des Bundeshaushaltes 2012 werden in der ersten Sitzungswoche im Plenum auf der Tagesordnung stehen. Dabei werden alle Einzelpläne gesondert aufgerufen und in erster Lesung beraten. Den Ablauf der sog. "Haushaltswoche" können Sie auf www.bundestag.de verfolgen, die Stenographischen Berichte werden jeweils sehr zeitnah eingestellt und sind ebenfalls über diese Seite nachzulesen. Danach beginnen die Beratungen in den Ausschüssen.
Auch die Beratungen des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus, das nunmehr der Anpassung bedarf, werden im Plenum und den Ausschüssen erfolgen, der genaue Zeitplan steht noch nicht fest. Wie Sie auch den bisherigen Beratungen entnehmen können, sind die Fragen der Einhaltung der Schuldenbremse, die Notwendigkeit der Haushaltsdisziplin und die Konsolidierung der Haushalte auf nationaler und europäischer Ebene stets sehr intensiv diskutiert worden und spielen auch in den laufenden Beratungen eine wichtige Rolle. Für die Entscheidung am Ende sind viele Argumente zu gewichten und Risiken gegeneinander abzuwägen. Allein aus der Vielzahl der Unterrichtungen in den Ausschüssen des Bundestages wird deutlich, dass es sich keiner der Abgeordneten "leicht macht", die Tragweite der zu treffenden Entscheidungen ist allen dabei bewusst.
Die Finanzhilfen an Griechenland und die Programme für Irland und Portugal sind notwendige Maßnahmen, die an klare Bedingungen gekoppelt sind. Deutschland hat, wie die anderen Länder im Euroraum, Garantien übernommen. Im Gegenzug haben sich die betroffenen Staaten zu schmerzhaften Sparmaßnahmen verpflichtet. Die Proteste, die dies in den betroffenen Staaten herruft, zeigen, dass es für die Empfängerstaaten der Garantien keinesfalls ein einfacher und anzustrebender Weg ist, die Euro-Partner um Hilfe zu bitten. Vielmehr hat jede Regierung versucht, den Hilfsantrag zu vermeiden. Dabei ist mir noch ein Hinweis sehr wichtig: Bislang bestehen die deutschen Hilfen für Griechenland, Portugal und Irland ausschließlich in Kreditgarantien. Erst wenn die Rückzahlung der Kredite durch die betroffenen Staaten nicht mehr möglich wäre, würden deutsche Steuergelder eingesetzt werden. Dabei ist aber Ziel der Hilfsmaßnahmen, genau dies nicht eintreten zu lassen. Daher bin ich zuversichtlich, dass das von Ihnen beschriebene Szenario milliardenschwerer Zahlungen nicht eintreffen wird.
Was die Vereinbarkeit mit EU-Recht angeht, so ist die Grundlage für die bisherigen bilateralen Hilfen geprüft worden und gegeben. Für die Einrichtung eines dauerhaften Mechanismus ist die notwendige Änderung des Art. 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf den Weg gebracht worden. Die weiteren rechtlichen Fragen zur Reichweite der Art. 14 und 20 Grundgesetz, die Sie aufwerfen, sind auch im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Sachen Griechenland/Rettungsschirm thematisiert worden, zu dem Anfang Juli die mündliche Verhandlung in Karlsruhe stattgefunden hat. Das Urteil des Gerichtes dürfte in wenigen Wochen vorliegen.
Mit freundlichen Grüßen
Gunther Krichbaum