Frage an Gunther Krichbaum von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Krichbaum,
in dieser Krisenzeit wird sich wohl zeigen, ob Europa noch so weiterexistieren kann.Barosos ewige Forderungen den EU-Rettungsschirm auszuweiten, klingen ein wenig nach Endzeitstimmung.
Wolfgang Schäuble hat ja nicht nur den Vorschlag einer Europäisiserung der Energiewende gebracht, sondern 1994 auch Kerneuropa befürwortet. Wäre es nicht sinnvoller, dass die EU zurück geht auf solch ein Kerneuropa, mit dem Rest Europas auf der Basis eines Europas der verschiedenen Geschwindigkeiten verbleibt, desweiteren einen Nord- und einen Südeuro einführt und eine verteidigungspolitische Achse Großbritannien-Frankreich-Deutschland eingeht, um die europäische Säule innerhalb der NATO zu stärken und die Europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik (EVSP)wieder zu beleben.Was spricht dagegen? Wie stehen Sie eigentlich zu dem alten Vorschlag von Franz Josef Strauss eine europäische Atommacht zu gründen? Frankreich hatte Deutschland ja vor kurzer Zeit einmal den Atomschutz der Force de frappe alternativ zum US-Atomschild angeboten.
Mit freundlichen Grüssen
Ralf Ostner
Sehr geehrter Herr Ostner,
vielen Dank für Ihre erneute Anfrage, die sehr interessante Fragen stellt. Tatsächlich ist es nicht zu übersehen, dass einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Willen zu noch stärkerer Kooperation zeigen, während andere hier eher zögerlich sind. Daher kommt immer wieder die Diskussion über verschiedene Geschwindigkeiten der Integration auf. Auch ich bin der Meinung, dass es künftig schwierig sein wird, in einer immer größer werdenden Gemeinschaft im Konsens aller Staaten weitere Integrationsschritte zu beschließen. Daher kann ein Vorangehen einiger Staaten kein Tabu sein, sofern damit nicht der Zusammenhalt der Union als Ganzes gefährdet wird. Für die aktuelle Euro-Debatte ist ein solches Konzept jedoch nicht tauglich, denn alle Mitgliedstaaten müssen jetzt den Weg der konsequenten Schuldenbegrenzung gemeinsam gehen. Daher begrüße ich auch ausdrücklich die Ergebnisse der gestrigen Gespräche zwischen der Bundeskanzlerin und dem französischen Staatspräsidenten.
Die Schaffung einer europäischen Atommacht steht derzeit nicht zur Diskussion. Ich glaube auch nicht, dass ein derartiges Vorhaben auf große Zustimmung in der deutschen Bevölkerung stoßen würde. Die Bundesrepublik hat sich klar gegen die Bewaffnung mit Atomwaffen ausgesprochen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Buchholz
-Büroleiter-