Frage an Gunther Krichbaum von Bernd C. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Krichbaum,
heute wurde mal wieder eine recht hohe Strafe (über EUR 500,- Mio.) der "EU-Wettbewerbshüter" bekannt. Ungewöhnlich war, daß diesmal mit EON ein Energiekonzern betroffen war. So sehr ich mir wünsche, daß durch solche Maßnahmen Fairness und Wettbewerb gefördert und der Verbraucher geschützt wird, so erkenne ich dennoch nicht den Sinn solcher Strafen. Konkret habe ich folgende Fragen dazu:
1. Was passiert mit dem Geld und warum wird das nicht transparent gemacht (z.B. über die Presse)?
2. Wieso fließt das Geld nicht möglichst direkt denen zu, die durch die Strafe geschützt werden sollen und bisher offenbar zu viel gezahlt haben?
3. Wie wird verhindert, daß EON sich das Geld nicht durch weitere Preiserhöhungen beim Verbraucher zurückholt und der damit doppelt gestraft wird?
Bei uns Bürgern und Verbrauchern käme eine solche Strafe weitaus besser an, wenn damit den direkt Benachteiligten zumindest ein Teil davon zufließen würde.
Kann ich aus der Tatsache, daß es bisher keine mir bekannte Strafe gegen Ölkonzerne gab, schließen, daß man in Brüssel mit dem Wettbewerb an den Tankstellen zufrieden ist?
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Calvi
Sehr geehrter Herr Calvi,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Gelder aus von der EU-Kommission verhängten Geldbußen fließen in den Gemeinschaftshaushalt. Sie tragen zur Finanzierung der EU bei und entlasten den Steuerzahler. Die Verhängung einer Geldbuße erfolgt generell nicht im Interesse konkret Geschädigter, sondern dient dazu, die Gesellschaft im Ganzen vor sozialschädlichem Verhalten zu schützen und soll die öffentliche Missbilligung des geahndeten Verhaltens zum Ausdruck bringen. Soweit einzelne Personen und Unternehmen von wettbewerbswidrigem Verhalten betroffen sind, besteht für sie die Möglichkeit, vor den zuständigen nationalen Zivilgerichten auf Schadenersatz zu klagen. Im Falle einer Verurteilung hätte das betroffene Unternehmen die vom Gericht festgesetzte Schadenersatzsumme neben der durch die EU-Kommission verhängten Geldbuße zu leisten.
Was die Möglichkeit weiterer Preiserhöhungen betrifft, so verbietet das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Entgelte, welche die Kosten des Energieversorgers unangemessen überschreiten. Liegt etwa der Preis eines Versorgers erheblich über dem eines Vergleichsunternehmens, so muss der Versorger gegenüber der Kartellbehörde nachweisen, dass der Preis gerechtfertigt ist. Andernfalls wird die Behörde eine kartellbehördliche Missbrauchsverfügung erlassen, durch die es einem Unternehmen untersagt werden kann, bestimmte Preisobergrenzen zu überschreiten. Daneben unterliegen die Netzentgelte, die beim Gaspreis ca. 25 Prozent des zu zahlenden Preises ausmachen, der Regulierung durch die Bundesnetzagentur und den zuständigen Landesregulierungsbehörden. So wurden beispielsweise im letzten Jahr durch Verfügungen der Behörden die Netzkosten um bis zu 20 Prozent abgesenkt.
Auch der Wettbewerb auf dem Kraftstoffsektor wird sowohl vom Bundeskartellamt als auch auf europäischer Ebene von der EU-Kommission überwacht. So nahm das Kartellamt im Mai 2008 zahlreiche Verbraucherbeschwerden und Eingaben freier Tankstellen zum Anlass, im Rahmen einer sog. Sektoruntersuchung die generellen Marktbedingungen sowie mögliche Wettbewerbsverstöße zu untersuchen. Soweit sich nach Abschluss der Untersuchung Wettbewerbsverstöße zeigen, können auch dort entsprechende Verfügungen der Kartellbehörden ergehen. Was die von Ihnen angesprochene Verhängung eines Bußgeldes betrifft, so ist auch dies grundsätzlich denkbar, setzt aber natürlich voraus, dass der Verstoß dem betreffenden Unternehmen zweifelsfrei nachzuweisen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Gunther Krichbaum