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Gunter Weißgerber
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Frage von Henry P. •

Frage an Gunter Weißgerber von Henry P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Hallo Herr Weißgerber,

Sie schreiben in Ihren Beiträgen vom 20.03. "Human ist was Arbeit schafft" und "Erwerbsarbeit und Einkommen müssen für mich - stets - untrennbar verbunden bleiben."

Fakt ist das laut BA im Februar diesen Jahres 3.617.443 Menschen arbeitslos waren. ALG II Leistungsberechtigt waren aber 5.154.304 macht unterm Strich 1.536.861 mehr Leistungsempfänger als ALG II Empfänger. Wenn Sie diese ca. 1,5 Mio Menschen die zu niedrigsten Löhnen unter teilweise Menschenverachtenden Bedingungen zur "Zwangsarbeit" gepresst werden ( wer nicht spurt dem wird die Leistung gekürzt oder gestrichen ) als unter humanen Bedingungen beschäftigt bezeichnen dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Auch das Erwerbsarbeit und Einkommen zusammengehören stimmt ja so auch nicht mehr, dafür hat ja die große Koalition durch viele Steuergeschenke gesorgt das viele aus der „Oberschicht“ nur noch vom Kapitalgewinn leben können ohne einen Finger krumm zu machen.

Bei uns den „kleinen Leuten“ sieht das ganz anders aus. Dazu mal ein interessanter 3-Jahresvergleich, im Februar 2005 gab es insgesamt 7.977.502 Leistungsberechtigte von ALG I, ALG II und Sozialgeld, im Februar 2008 aber waren es 8.206.729 Menschen die staatliche Transferleistungen bezogen. Also entgegen der medialen Suggestion durch BA und andere staatliche Stellen gab es in benannten Zeitraum ein Plus von 229.227 Leistungsempfängern.

Die „Wirtschaftswoche“ stellte in ihrer Ausgabe 5 vom 28.01.2008 auf Seite 43 die Frage warum die Arbeitslosigkeit in Deutschland viel höher sei als es die offiziellen Statistiken ausweisen und kommt zu dem Schluss das es weit mehr Arbeitslose gibt als die BA-Statistik ausweist.

Wo sind also die Arbeitsplätze und der wirtschaftliche Aufschwung den die Regierung so lauthals propagiert? Können Sie mir das beantworten lieber Herr Weißgerber. Es ist aber wohl leichter die die durch den Rost fallen mit Almosen abzuspeisen als über eine sozial gerechte Lösung nachzudenken.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Paul,

Sie wollen mit mir nicht diskutieren, Sie wollen mich belehren. In meinen anderen Antworten habe ich zu begründen versucht, warum ich das Prinzip des „Fördern und Forderns“ für richtig halte. Noch einmal: Der, der sich auf die Solidarität der Gemeinschaft verlassen kann, hat eine Pflicht zur Eigeninitiative. Niemand wird zur „Zwangsarbeit“ gepresst. Die Aufnahme einer zumutbaren Tätigkeit ist eingebettet in einen ganzen Katalog von Maßnahmen und Leistungen der Agentur für Arbeit bzw. der Arbeitsvermittler. Sanktionen sind immer der letzte Schritt.

Deutschland bietet weltweit eines der engsten Netze der sozialen Sicherung. Hier pauschal von „Abspeisung“ zu sprechen halte ich angesichts dessen für bedenklich.

Es ist aber Aufgabe der Politik, z.B. vorhandene Förderinstrumente im Hinblick auf ihre Wirksamkeit immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Die Reformen am Arbeitsmarkt hatten den Zweck, die vorhandenen Mittel gezielter, effektiver und individueller einzusetzen. Und die Erfolge sind spürbar: Seit Jahren sinkt beispielsweise die Arbeitslosigkeit im Alter signifikant, Deutschland hat im europäischen Durchschnitt eine der geringsten Jugendarbeitslosigkeitsquoten, seit Jahren steigt die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auf zuletzt 39,63 Millionen (2002 ca. 38 Millionen). Dies sind alles Menschen, die nunmehr das ganze Leistungsangebot der Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfall- Arbeitslosenversicherung genießen.

Gleichwohl gebe ich Ihnen insofern Recht, wenn Sie der Auffassung sind, dass wir keinesfalls zufrieden sein können. Besonders das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit - auch und vor allem in den neuen Bundesländern - und das große Problem der Chancengerechtigkeit im Bildungssystem treibt uns um. Diese und weitere Punkte sind Aufgabenfelder, deren Lösung einen langen Atem benötigt und vor dem Hintergrund enger finanzieller Rahmenbedingungen und einer alternden Gesellschaft keine pauschalen Urteile.

Mit freundlichen Grüßen

Gunter Weißgerber, MdB