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Gunter Weißgerber
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Frage von Johannes K. •

Frage an Gunter Weißgerber von Johannes K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Weißgerber,

Ist Ihnen bewusst, dass ein Gesetz wie die Vorratsdatenspeicherung in keiner Weise dazu geeignet ist, Terrorismus oder schwere Kriminalität zu bekämpfen, da Schwerverbrecher und allgemein Menschen, die etwas zu verbergen haben, sich dagegen zu schützen wissen -- z. B. durch regelmäßiges Austauschen der SIM-Karten oder Benutzung von Internetcafes?

Ist Ihnen klar, dass lediglich Bürger, die sich diesen Verschleierungsaufwand nicht machen wollen, durch ein solches Gesetz überwacht werden können - also generell Leute, die nichts zu verbergen haben?

Ein solches Gesetz ist zur Verbrechensbekämpfung nutzlos und stellt den Bürger unter Generalverdacht. Es widerspricht der in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgelegten Unschuldsvermutung.

Bitte begründen Sie, warum Sie für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt haben. Den Zwang zur Umsetzung einer EU-Richtlinie halte ich als Begründung nicht für zulässig, da die BRD diese Richtlinien häufig selbst vorantreibt (vgl. in diesem Fall http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25105/1.html ).

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kroll,

vielen Dank für Ihre Frage. Meine grundsätzliche Position zur Vorratsdatenspeicherung können Sie meinen Antworten an Herrn Pickenhain, und Herrn Michalek (auf dieser Seite) entnehmen. Dort habe ich ausführlich zu begründen versucht, warum ich das Gesetz als einen sinnvollen - wenngleich schwierigen - Ausgleich zwischen Sicherheits- und Freiheitsinteressen sehe. Ihrer Argumentation folgend, dass eine Vorratsdatenspeicherung alle Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht stellt, lässt mich überspitzt zu der Auffassung kommen, Sicherheitsbehörden- und Gesetze sind deshalb grundsätzlich überflüssig, weil damit auch Unschuldige potentiell ins Visier kommen können. So ist es aber gerade nicht. Der Staat hat die Aufgabe der effektiven Gefahrenabwehr. Potentielle Terroristen und Schwerverbrecher leben unter uns. Gefahrenabwehr kann deshalb nicht im luftleeren Raum und abseits der Gesellschaft stattfinden; sie muss dort stattfinden, wo Gefahren entstehen. Die Aufgabe eines Gesetzgebers muss es dann sein, genau darauf zu achten, dass das Freiheitsinteresse in seinem Kern nicht angetastet wird. Dieses Zielkonflikt zu entschärfen ist eine schwierige Aufgabe; ich glaube, mit dem Gesetz ist dies uns gelungen. Im Übrigen: Die Unschuldvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK, die auch dem deutschen Strafprozess immanent ist, gilt vor Gericht, d.h. im sog. repressiven Rahmen und nicht im Rahmen der präventiven Gefahrenabwehr.

Mit freundlichen Grüßen

Gunter Weißgerber