Frage an Günter Krings von Michael R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Krings,
als von Niederrhein stammender und nun in Spanien lebender deutscher Staatsbürger beobachte ich zur Zeit mit Sorge das Gesetzgebungsverfahren zur Blockade von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten. Nachdem der Entwurf zu dem entsprechenden Gesetz am vergangenen Freitag im Kabinett verabschiedet wurde haben sich für mich einige drängende Fragen aufgetan.
1) Nach den Äußerungen von Justizministerin Zypries macht ein Internetnutzer, nach der Verabschiebung des Gesetzes, sich bereits strafbar, wenn er nicht nachweisen kann, dass es sich um das versehentliche Aufrufen einer gesperrten Seite gehandelt hat. Dies bedeutet, nach meinem Verständnis eine Umkehr des Unschuldprinzips, da einem Betroffenen nicht die Schuld nachgewiesen, sondern derjenige seine Unschuld beweien muss. Ist dies so?
2) Eine große Anzahl von Experten hat erklärt, dass die Sperre von Internetseiten auf DNS-Basis nicht geeignet ist um die Verbreitung von kinderpornographischen Inhalten im Internet einzudämmen, weil diese zum einen, ohne tiefergehende Kenntnis der Technik, problemlos zu umgehen ist. Die Inhalte werden lediglich für nichtinteressierte Internetnutzer ausgeblendet. Es ist allerdings bewiesen, dass es möglich ist Internetseiten welche entsprechende Inhalte aufweisen, in nahezu allen Ländern wo diese gehostet werden, innerhalb von max. 72 Stunden komplett aus dem Internet entfernen zu lassen.
Warum ist eine darauf zielende Vorgabe nicht in den Gesetzentwurf mit aufgenommen worden?
3) Die durch das BKA angefertigte Liste wird ausschließlich durch dieses selbst bewertet und unterliegt nicht der Kontrolle eines unabhängigen Gremiums, welches z, B. die Rechtmäßigkeit der einzelnen Einträge prüft.
Steht dies nicht in krassem Widerspruch zu den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Bubdesrepublick Deutschland?
Mit freundlichem Gruß,
Michael Remus
Sehr geehrter Herr Remus,
vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der Neuregelungen des Entwurfs der Bundesregierung zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen.
Mit dieser gewünschten Neuregelung wird ein entscheidender Schritt gegen die verabscheuenswürdige Ausbeutung gegenüber Kindern und Jugendlichen getan und der Zugang zu Seiten mit kinderpornographischen Inhalten zumindest erschwert.
Gesetzlich ist es unter Strafe gestellt, wenn in bestimmten Formen kinderpornographische Schriften verbreitet, erworben oder besitzt werden. Dies bezieht sich zum einem auf die „allgemeine“ Kinderpornographie aber auch auf pornographische Darstellungen, die Gewalttätigkeiten oder den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben. Seit Mitte der 90er Jahre nehmen die Fälle des Besitzes und der Verbreitung im Netz rasant zu. Die polizeiliche Kriminalstatistik hat in den letzten Jahren gezeigt, dass die Verbreitung von Kinderpornographie und die Ausbeutung von Heranwachsenden beispielsweise in den Jahren 2006/2007 bis zu 111 Prozent zugenommen hat. Es dürfte wohl nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden, dass diese beängstigende Zuwachsrate mit den neuen Kommunikationswegen durch das Internet in Verbindung steht. Damit schafft das Internet die Gelegenheiten, die bei der konventionellen Verbreitung von Kinderpornographie nicht bestehen würden. Daher muss mit allen zur Verfügung rechtsstaatlichen Mitteln gegen diese abscheuliche sexuelle Ausbeutung vorgegangen werden.
Im Augenmerk des Kabinettsentwurfs stehen die sogenannten „Internet Blocker“. Damit sind technische Vorkehrungen gemeint, die einem Internetnutzer eine Art Stopp- Schild zeigen, wenn er eine kinderpornographische Seite aufruft. Die Liste der zu sperrenden Internetadressen wird durch eine staatliche Stelle bereitgestellt und verantwortet. Dabei wird auch sichergestellt, dass keine legalen Angebote auf die Liste gelangen und ein effektiver Rechtschutz möglich ist. Aus präventiven Gründen wird den Nutzern gegenüber klargestellt, warum der Zugang zur Internetseite verwehrt wird. Gleichzeitig wird ein Informations- und Beschwerdeweg bei der staatlichen Stelle eröffnet, die für die Listenerstellung verantwortlich ist.
Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass mit dieser Regelung ein gesetzgeberisches Neuland betreten wird. Daher wird innerhalb von zwei Jahren nach dem möglichen Inkrafttreten des Gesetzes eine Evaluierung erfolgen. Jedoch darf das Internet kein rechtsfreier Raum sein und dafür möchte ich mich auch zukünftig verstärkt einsetzen. Daher begrüße ich die Entschlossenheit unserer Familienministerin Ursula von der Leyen, denn im Kampf gegen den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen dürfen wir nicht leichtfertig auf mögliche Bekämpfungsmittel verzichten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Günter Krings