Frage an Günter Krings von Andrea Martina H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Krings,
Sie sind vermutlich ein alteingesessener Mönchengladbacher und Sie stehen im Online Rolling Planet Magazin auf der schwarzen Liste
Kommt es Ihnen nicht darauf an, aus welchem Grund und wie lange jemand eine Zeitung nicht selbständig kaufen kann?
Wir haben zum Beispiel einen Umgang unserer Tochter allein und ohne Begleitperson zu uns als ihre Eltern abgelehnt, weil sie zu sehr gefährdet ist.
Unsere Tochter Jessica lebt seit 22 Jahren in verschiedenen Pflegeheimen nicht freiwillig, sondern sie wurde durch eine Anzeige bei der Polizei durch eine Herausnahme fremduntergebracht, das widerspricht ebenfalls des
Art.23 Abs.4 und Abs.5 der UN - Behindertenrechtskonvention machen deutlich, daß kein behindertes Kind gegen den Willen der Eltern von diesen getrennt werden darf.In keinem Fall darf ein Kind aufgrund einer Behinderung entweder des Kindes oder eines oder beider Elternteile von den Eltern getrennt werden.
In Fällen in denen die nächsten Angehörigen sich nicht um das Kind kümmern können,verpflichten sich die Staaten, alle Anstrengungen zu unternehmen,um in der erweiterten Familie Unterstützung zu finden.
Weiter machen wir darauf aufmerksam:
Wegen angeblicher Vernachlässigung wird voreilig psychologisierend, wie heute mangels fachlicher Qualifikation allenthalten üblich, (sachliche Gründe aufzuspüren, ist mühsam, jemanden zu beschuldigen dagegen leicht und der menschlichen Natur schon in die Wiege gelegt:Seit der Rahmenordnung vom 13.02.1973 sind die Psychologen im Unterschied zu früher in den Fächern Physiologie und Psychiatrie nur noch dann ausgebildet, wenn sie daran Interesse haben.Darum wissen auch viele nichts davon, woran ein Mensch alles erkranken kann),ein pathologischer Zustand als Pflegemangel gedeutet.
Mit feundlichen Grüßen
Fam. S. u. A. Huber
Sehr geehrte Frau Huber,
vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie nochmal auf meine Aussage zum Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen zurückkommen.
Zunächst möchte ich Ihnen mein tiefes Mitgefühl aussprechen. Ich kann mir nur vorstellen, vor welchen Herausforderungen Sie im Alltag stehen und wie Sie die Situation als Familie meistern. Ich habe großen Respekt vor Ihrer Leistung als Eltern.
Menschen mit Behinderungen gehören zu unserer Gesellschaft. Ziel der Bundesregierung ist nicht weniger als die Schaffung einer inklusiven Gesellschaft, an der Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt teilhaben können und sich im Alltag barrierefrei zurechtfinden. Auch die CDU/CSU-Fraktion macht sich mit einem Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention stark für dieses Ziel und hat in einigen Bereichen auch bereits viel erreicht.
Dies vorweggeschickt, erlauben Sie mir meine Auffassung zum Wahlrecht nochmal kurz zu erläutern. Ausgangspunkt ist § 13 Bundeswahlgesetz, der ausschließlich solche Personen vom Wahlrecht ausschließt, für die vom Betreuungsgericht ein Betreuer zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten bestellt werden musste, weil sie aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht besorgen können. Dies ist nur ein ganz kleiner Teil der Menschen mit Behinderung in Deutschland.
Weiterhin wird ein Wahlrechtsausschluss für Personen angeordnet, die sich aufgrund einer richterlichen Anordnung in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden, weil sie im Zustand der Schuldunfähigkeit eine rechtswidrige Tat begangen haben und infolge ihres Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Der Ausschluss ergibt sich hier aus der gerichtlich festgestellten psychisch-geistigen Beeinträchtigung, der Behandlungsbedürftigkeit im Hinblick auf die Allgemeingefährlichkeit und der Beschränkung der allgemeinen Handlungsfähigkeit.
Menschen mit Behinderungen fallen als solche natürlich nicht unter diesen Wahlrechtsausschluss. Für Menschen mit Behinderungen wird, auch wenn sie mitunter in einzelnen Lebensbereichen eine besondere Betreuung benötigen, nur unter den engen Voraussetzungen des §1896 BGB ein „Betreuer“ im rechtlichen Sinne bestellt, wenn dies zur Besorgung ihrer Angelegenheiten erforderlich ist. Ein Wahlrechtsausschluss tritt somit nur dann ein, wenn eine dauerhafte Betreuung in allen Angelegenheiten angeordnet ist, was jedoch nur in einem begrenzten Teil der Fälle erfolgt.
Darüber hinaus wurde nun aber auch völlig zurecht die Diskussion angestoßen, ob Behinderte in der Praxis ausreichend Möglichkeit erhalten, am Wahlakt zu partizipieren. Unsere Gesetzgebung sieht bereits Vorkehrungen für Wähler vor, die des Lesens unkundig sind oder die wegen körperlicher Beeinträchtigungen nicht in der Lage sind, Teile des Wahlakts vorzunehmen. Für diese Fälle sind Hilfspersonen vorgesehen. Blinde oder sehbehinderte Wähler können sich zur Kennzeichnung des Stimmzettels auch einer Stimmzettelschablone bedienen. Barrierefreie Wahllokale im Sinne von rollstuhlgerecht sind inzwischen Standard, Orientierungsmöglichkeiten für Sehbehinderte sind jedoch erfahrungsgemäß nicht immer ausreichend vorhanden.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat daher in Kooperation mit dem Bundesministerium des Innern eine Studie zur aktiven und passiven Wahlbeteiligung von Menschen mit Behinderungen in Auftrag gegeben, um zu erfahren, welche Personenkreise von den Wahlrechtsausschlüssen in welchem Ausmaß betroffen sind und um zu klären, ob diese Wahlrechtsausschlüsse in praktischer und rechtlicher Hinsicht erforderlich und gerechtfertigt sind. Des Weiteren soll die Studie Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Partizipation von Menschen mit Behinderungen am aktiven und passiven Wahlrecht entwickeln. Die Ergebnisse der Studie werden Anfang 2016 erwartet.
Eines ist für mich aber klar: Die zentrale Frage ist, ob wir in Deutschland zu vorschnell umfassende Betreuung anordnen. Sollte das der Fall sein, wäre es ein halbherziger Schritt, in diesen Fällen nur ein Wahlreicht einzuräumen. Dann müssten wir in allen Rechtsangelegenheiten diese Betreuungen zurücknehmen. Genau dafür trete ich seit Jahren ein: Beim Wahl- und beim Zivilrecht nicht mit zweierlei Maß zu messen. Wenn auch diese sachlich vernünftige Position mich – wie Sie sagen – auf eine „schwarze Liste“ bringt, so fällt das auf die Macher solcher Listen zurück. Im Übrigen lassen solche „schwarzen Listen“ von Politikern in mir immer sehr unschöne Erinnerungen an dunkle Kapitel unserer deutschen Geschichte wach werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Günter Krings