Frage an Gregor Költzsch von Petra R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Gregor Költzsch,
die Flüchtlingsproblematik beschäftigt uns ja alle in zunehmendem Maße, uns Karlshorster jetzt auch direkt seit wir von heute auf morgen ca. 1000 Flüchtlinge in unmittelbarer Nähe wohnen haben. Was mich schon lange interessiert und worauf ich bisher keine konkrete Antwort in den Medien finden konnte: Welche Leistungen erhalten abgelehnte Asylbewerber ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland? Sie halten sich ja illegal in unserem Land auf, die meißten von ihnen werden aber nicht abgeschoben. Bekommen sie trotzdem finanzielle Unterstützung und in welcher Höhe? Wer bezahlt das aus welchen Töpfen? Schließlich müssen sie ja von irgendetwas leben.
Für eine ungeschönte konkrete Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen,
Petra Rößler
Sehr geehrte Frau Rößler,
vielen Dank für Ihre Nachricht über abgeordnetenwatch.de. Im Jahr 2015 hat das Land Berlin bisher ca. 20.000 Flüchtlinge aufgenommen, von denen knapp 1.000 in der Notunterkunft Karlshorst untergekommen sind. Ich bin sehr froh darüber, dass hunderte Karlshorster sich dort als freiwillige Helfer engagieren. Diese Beteiligung ist Ausdruck einer neuen, gelebten Willkommenskultur in unserem Land, auf die wir stolz sein können. Trotz der nun vom Bund zugesicherten Gelder werden wir auch weiterhin auf ehrenamtliche Unterstützung angewiesen sein. Dies gilt insbesondere bei der langfristigen Integration von Flüchtlingen in unsere Gesellschaft, die auf absehbare Zeit nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können.
Zu Ihrer konkreten Frage: Die Leistungen für Asylbewerber in Deutschland bemessen sich nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) des Bundes. Zu den Leistungsberechtigten gehören alle in §1 AsylbLG genannten Ausländer, auch jene, die lediglich eine Duldung nach § 60a des AsylbLG besitzen, oder „vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist“. Für Leistungen an Flüchtlinge ohne Aufenthaltstitel gelten daher vergleichbare Grundlagen wie für Ausländer mit Aufenthaltstitel. In Berlin ist das Land für die Aufnahme, Unterbringung und Gewährung anderer existenzsichernder Leistungen an Asylbewerber sowie an andere nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuständig. Nach § 3 AsylbLG wird der Bedarf an Ernährung, Unterkunft (Gemeinschaftsunterkunft), Kleidung, Heizung, Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts und Gesundheits- und Körperpflege vorwiegend durch Sachleistungen gedeckt. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu berücksichtigen, dass auch bei abgelehnten Asylbewerbern gewichtige Gründe gegen eine Abschiebung sprechen können. Dazu gehört u.a. das Abschiebungsverbot auf Grundlage der Antifolterkonvention der Vereinten Nationen.
Inwiefern Flüchtlinge ohne Aufenthaltstitel weiterhin dieselben Mittel erhalten werden, ist derzeit Gegenstand der politischen Debatte. Die große Koalition im Bund plant nach Aussagen der Koalitionsspitzen vom 7. September „die Asylbewerberleistungen für diejenigen „erheblich [zu] verringern, die unser Land verlassen müssen“. Wie die konkrete Ausgestaltung dieses Beschlusses aussieht, wird in den kommenden Wochen und Monaten zwischen SPD und CDU ausgehandelt werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Auskunft weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gregor Költzsch, MdA