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Gregor Gysi
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Frage von Frank R. •

Sollten wir nicht heute zur Besinnung kommen und auf eine neue Entspannungspolitik dringen?

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

in der Kubakrise 1962 bestand die reale Gefahr eines Atomkrieges, und die Kompromissbereitschaft zweier Männer hat diese Gefahr abgewendet. Sollten wir angesichts der weltweiten Erschütterungen die das russische Auftreten (1.) in der Ukraine und (2.) gegenüber dem Westen heute auslöst nicht erkennen, dass Russland noch immer die militärische Weltmacht ist mit der wir nach der Kubakrise in eine Entspannungspolitik eingetreten sind? Sollten wir nicht heute - wie nach 1962 - wieder zur Besinnung kommen und auf eine neue Entspannungspolitik dringen, und zwar im ersten Schritt auf eine stärkere Kompromissbereitschaft der Ukrainer bzgl. ihrer Demilitarisierung, Bündnisneutralität und der Beibehaltung des Nuklearwaffenverzichts nach dem Budapester Memorandum?

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen,
Frank R.

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Sehr geehrter Herr R.,

ich bekam zahlreiche Schreiben zum Krieg Russland gegen die Ukraine, zum Konflikt innerhalb unserer Fraktion und auch zu weiteren Fragen in diesem Zusammenhang.
Deshalb musste ich mich entscheiden, all diese Schreiben einheitlich zu beantworten. In allen Schreiben werde ich Siezen, das heißt auch dann, wenn ich eigentlich Duzen müsste. Ich nehme mal auch zu Fragen Stellung, die in einem Teil der Schreiben nicht an mich gestellt wurden. Ich beantworte die Schreiben, in denen mir zugestimmt wurde und jene, in denen ich kritisiert wurde, einheitlich.

Ich bedanke mich für alle Schreiben, die ich selbstverständlich zur Kenntnis genommen habe.

Die Regierungsfraktionen und die Union hatten am Abend vor der Sondersitzung des Bundestages einen Antrag formuliert, dem man trotz gewisser Bedenken hätte beitreten können. Allerdings wurde der Antrag über Nacht deutlich verschärft. Dann redete der Bundeskanzler und hielt eine einmalige Aufrüstungsrede. Daraufhin entschlossen wir uns, den Antrag abzulehnen, d.h. mit "Nein" zu stimmen. Zum Abstimmungsverhalten gab es während der Debatte eine schriftliche Erklärung der beiden Parteivorsitzenden, der Fraktionsvorsitzenden und dem parlamentarischen Geschäftsführer. Dahinter hätte die ganze Fraktion stehen können. Sieben Abgeordnete haben aber dann eine eigene Erklärung herausgegeben, die die vorhergehende Abstimmungserklärung konterkarierte. Dazu habe ich in einem Brief an sie Stellung genommen. Den Brief erhielten auch die weiteren Mitglieder der Fraktion. Leider erreichte er auch die Öffentlichkeit.

Da aus dem Brief immer nur einzelne Stellen zitiert werden, füge ich ihn als Anlage vollständig bei. Daraus ergibt sich eindeutig, dass ich Waffenlieferungen durch Deutschland an die Ukraine ebenso ablehne wie Aufrüstungspläne der Bundesregierung und der NATO. Ich weise auch auf die Fehler der NATO hin, erkläre aber, dass sie keinen einzigen Grund dergestalt gesetzt hat, dass Russland diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine führen musste. Aber bitte lesen Sie selbst. Stets hatte ich schon wegen der Geschichte meiner Familie nicht nur ein positives Verhältnis zu Russland, sondern bemühte mich auch, die russische Führung anders zu behandeln als es geschah. Putin hat viel kaputt gemacht, auch bei mir.

Seit längerer Zeit war eine Veranstaltung zur Vorstellung meines neuen Buches "Was Politiker nicht sagen..." geplant und organisiert. Plötzlich kam die Sondersitzung des Bundestages. Es ist mir gelungen, die Veranstaltung zeitlich so zu verschieben, dass ich an der Sitzung des Bundestages doch teilnehmen konnte. Übrigens saß ich ganz nah bei Sahra Wagenknecht, die mich jederzeit hätte ansprechen können.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gregor Gysi

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