Frage an Gregor Gysi von Ralf W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Gysi,
mit Schrecken verfolge ich z. Zt. diese unsägliche Debatte um Konjunkturhilfen. Ich bin der Meinung, daß diese Hilfen für einzelne Branchen zwecklos sind. M. E. können im Moment nur drastische Steuersenkungen für alle helfen, damit die Kaufkraft der Bevölkerung wieder steigt u. damit die Produktion nicht mehr so stark exportorientiert ist. Desweiteren wundert es mich nicht, daß Gewinne einzelner Branchen individualisiert, die Verluste aber sozialisiert werden.
Ich würde dazu gerne Ihre Meinung wissen.
Mit bestem Dank im voraus
R. Werner
Sehr geehrter Herr Werner,
Ihre Nachricht vom 14. Dezember hat mich erreicht.
Die Forderung nach Steuersenkungen ist mir viel zu pauschal. Man muss das differenzierter machen. Wir sind z. B. für die Anhebung des Spitzensteuersatzes für Besser- und Bestverdienende. Auf der anderen Seite sind wir aber dafür, den Freibetrag bei der Einkommenssteuer zu erhöhen und vor allem den Steuerbauch für die durchschnittlich Verdienenden zu überwinden, d. h. dort die Steuern zu senken. Sie haben aber völlig Recht, dass die Kaufkraft erhöht werden muss. Deshalb sind wir dafür die gesetzlichen Renten im nächsten Jahr um 4 % zu erhöhen, den Sockelbetrag für Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger auf 435,00 € zu erhöhen und einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,71 € wie in Frankreich einzuführen. Außerdem brauchen wir Investitionen in Bildung, im Gesundheitswesen und in die Energiewende.
Seit Jahren kritisieren wir die Ungerechtigkeit, dass Verluste sozialisiert und Gewinne privatisiert werden. Deshalb sagen wir, dort wo staatliches Geld hinfließt, muss auch staatliches Miteigentum begründet werden, damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler künftig auch an den Gewinnen beteiligt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi