Frage an Gregor Gysi von Jakob S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,
meine Frage bezieht sich auf folgendes Interview, das Sie gegeben haben und welches anschließend auf die Internetplattform youtube gestellt wurde:
http://www.youtube.com/watch?v=tx-Bxty2N4s
Ihren Vorschlag, jede Partei eine (grundgesetzkonforme) Frage an die Bevölkerung richten zu lassen, finde ich äußerst interessant. Ich glaube Sie haben sowohl Recht in dem Punkt, dass das Interesse an demokratischer Entscheidungsfindung per se zunähme als auch in jenem, dass die Wahlbeteiligung eklatant nach oben schnellen würde.
Ich finde Ihren Vorschlag so unmittelbar einleuchtend - ich kann mir kaum vorstellen, mit Verlaub, dass sie der erste sind, der auf diese Idee gekommen ist. Die Tatsache, dass wir kein solches Prozedere kennen, irritiert mich, und deshalb meine Frage(n):
Wäre ein solches Verfahren durch entsprechende Gesetze tatsächlich implementierbar oder sieht die Verfassung schlichtweg (strikt) kein so mächtiges Mittel in der Hand des Plebs vor ?
War die Idee selbst eher ein spontanes Gedankenexperiment, dessen faktische Duchführung Sie sich selbst nicht oder nur als viel zu aufwendig durchführbar vorstellen können ?
Wie steht es Ihrer Meinung nach um das "gesunde Maß" an politischer Kontinuität, sollte so ein direkter Volksentscheid eingeführt werden ? Eine Legislaturperiode umfasst nunmal lediglich 4 Jahre, die Wählerfluktuation gewaltig...
Ich hoffe Sie finden ein paar Minuten für diese Fragen, ich bedanke mich aber vorab schon bei Ihnen.
Liebe Grüße aus München, Jakob
Sehr geehrter Herr Selberg,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 9. Dezember.
Die Idee zu einem Volksentscheid ist uralt, aber dieser konkrete Vorschlag hinsichtlich der Fraktionen und der Verbindung mit der Bundestagswahl ist schon von mir. Es ist umstritten, ob das Grundgesetz Volksentscheide vorsieht. Am leichtesten wäre es, wenn das Grundgesetz diesbezüglich geändert werden würde. Dazu ist aber die Bereitschaft noch nicht ausgeprägt genug, denn es brauchte eine 2/3-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat.
Von den positiven Folgen bin ich voll überzeugt, aber es wird noch viel Kampf kosten, bis es zur Realität wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi