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Gregor Gysi
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Frage von Jonas J. •

Frage an Gregor Gysi von Jonas J. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Gysi,

seit 25 Jahren existiert der Stalinismus auf dem deutschen Boden nicht mehr. Sie selbst kritisieren, dass der Beitritt der DDR zur BRD keine "Wiedervereinigung" war, die nach dem Grundgesetz eine neue Verfassung gebraucht hätte. Haben Sie bezüglich einer neuen Verfassung parlamentarische Initiativen gefasst?

Mit den Grünen haben Sie vor dem BVerfG wegen der Snowden-Anhörung geklagt. Die Klage wurde zwischenzeitlich an den BGH weitergeleitet. Wie steht es damit?

Im ZDF-Fehrnsehrat sitzen zwei Vertreter der FDP, aber nur je einen von Grünen und Linke. Die FDP ist aber in weitaus weniger Landtagen und -regierungen beteiligt und sitzt auch nicht im deutschen Bundestag. Woher kommt diese Ungerechtigkeit?

Sie selbst sehen die TTIP-Verhandlugen kritisch. Wird die griechische Regierung, die zum großen Teil aus der SYRIZA-Partei besteht, jemals TTIP zustimmen? Könnte dadurch das Abkommen scheitern?

Die Thüringer Koalitionsregierung unter linker Führung wird von Ihnen und Ihrer Partei hoch gelobt. Jedoch findet sich im Koalitionsvertrag kein der radikaleren Forderungen (Abschaffung des Landesverfassungsschutzes, Stopp der Schuldenbremse, etc.) wieder, obwohl die Koalitionspartner nicht mal annähernd an das Wahlergebnis der Linken heranreicht. Wie können Sie dies verantworten? Kann Ihre Partei zwar fordern, jedoch diese Forderungen in der Praxis nicht umsetzen?

Ich wünsche Ihnen nach Ihrer Ankündigung nicht mehr für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren, alles Gute für Ihre Zukunft. Ich hoffe, dass Wagenknecht und Bartsch respektable Nachfolger sein werden und Die Linke als eine progressive, sozialistische Mitgliederpartei in den Bundestagswahlkampf führen werden. Für die entgegengebrachte Mühe möchte ich mich bedanken.

Mit freundlichen Grüßen
Jonas Joseph

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Joseph,

Ihre Nachricht vom 18. Juni hat mich erreicht. Nun zu Ihren Fragen:

Zunächst haben wir gegen die Änderung des Grundgesetzes gestimmt, nachdem ja mit der Herstellung der deutschen Einheit die neue Verfassung nach einem Volksentscheid in Kraft treten sollte. Außerdem haben wir einen Verfassungsentwurf vorgelegt und diesen ebenfalls behandeln und entscheiden lassen. Natürlich hat die Mehrheit des Bundestages diese Initiativen regelmäßig zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Anhörung von Herrn Snowden liegt noch kein Termin beim Bundesgerichtshof vor.

Der Fernsehrat wird nur in bestimmten Abständen gewählt. Daraus ergibt sich, dass dort zwei Vertreter der FDP sitzen. Bei der nächsten Wahl müssen die neuen Zusammensetzungen des Bundestages und der Landtage berücksichtigt werden.

Gegenwärtig kann ich Ihnen noch nicht sagen, was passierte, wenn die griechische Regierung den Ergebnissen der TTIP Verhandlungen nicht zustimmte. Entweder scheiterte dann alles oder es wird vereinbart, dass dann, wenn ein einzelnes Land nicht zustimmt, der Freihandel mit diesem Land nicht durchgeführt wird. Zu einem späteren Zeitpunkt kann ich Ihnen dort eine sicherere Auskunft geben.

In Thüringen wurde erstmalig ein Ministerpräsident, der links von der SPD organisiert ist, gewählt. Das ist ein bedeutender Umstand. Über die Kompromisse wurde hart verhandelt. Selbst wenn eine Stimme fehlte, fehlt sie eben. Also braucht man auch die Zustimmung der anderen Partner, auch wenn sie kleiner sind. Letztlich wurde aber eine Beschränkung des Landesverfassungsschutzes erreicht, der in Berlin schön für große Aufregung sorgte. Die Schuldenbremse steht leider in der Verfassung. Zur Änderung braucht man eine 2/3 Mehrheit. Davon kann keine Rede sein. Im Übrigen ist es so, dass Thüringen seit geraumer Zeit keine neuen Schulden machen muss, was den Haushalt mangels Zinszahlungen entlastet. Trotzdem wird aber mehr investiert werden, gerade auch in Bildung und in die Kommunen. Wenn man sich die ursprünglichen Forderungen der Linken, der SPD und der Grünen ansieht, ist ein Koalitionsvertrag zustande gekommen, wo jeder nicht zu 100% das erreichte, was er erreichen wollte. Dennoch kann das Ergebnis als ein fairer Kompromiss eingeschätzt werden.

Für Ihre guten Wünsche bedanke ich mich herzlich

Mit freundlichen Grüßen
Gregor Gysi

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