Frage an Gregor Gysi von Sieglinde F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Dr. Gysi,
hiermit bitte ich Sie, mich bei meinem Anliegen zu unterstützen und mir als geschätzter Politiker und Anwalt einige Fragen zu beantworten.
In dem im Oktober erstellten Gutachten "Öffentlich-rechtliche Medien – Aufgabe und Finanzierung"
durch die 32 Professoren des Wissenschaftlichen Beirats beim
Bundesministerium der Finanzen wird ein schlüssiges Modell zu einer sehr
grundlegenden Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland
empfohlen.
Auch in diesem Gutachten ist die Rede von ZWANGSABGABEN und STEUERN, wie in
vielen anderen bereits erstellten Gutachten!!!
Meine Fragen:
1. Wie kann ich mich als Bürger gegen den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zu Wehr setzen?
2. Wie kann man die Ministerpräsidenten zu einer dringenden Reform des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags zwingend auffordern?
3. Warum ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag immer noch Ländersache und wird nicht von der Bundesregierung übernommen?
Das dieses wertvolle Gutachten nicht in der Schublade vermodert und auch bei der Bundesregierung seine Anerkennung findet, fordere ich hiermit:
Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag darf nicht länger "Ländersache" sein!!!
Es wird höchste Zeit, dass sich die Bundesregierung endlich mit diesem Thema "sehr grundlegenden Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland" befasst.
Danke und mit freundlichen Grüßen
Sieglinde Franke
Sehr geehrte Frau Franke,
Ihre Anfrage vom 28. Januar hat mich erreicht. Ich habe unsere Juristinnen gebeten, Ihnen eine Antwort zukommen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Gregor Gysi
Sehr geehrte Frau Franke,
Ihre unten stehende Anfrage beantworten wir für Herrn Dr. Gysi wie folgt:
DIE LINKE im Bundestag hat den zum 1. Januar 2013 eingeführten Rundfunkbeitrag von Anfang an abgelehnt, weil die Erhebung einer haushaltsbezogenen Monatspauschale in gleicher Höhe für alle sozial ungerecht ist. Ein Gebührensystem zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten befürworten wir dagegen, weil ARD, ZDF und Deutschlandradio bei aller berechtigten Kritik einen unverzichtbaren Beitrag zur politischen Kultur und Demokratie Deutschlands leisten. Sie erfüllen damit einen vom Grundgesetz aufgegebenen „Grundversorgungsauftrag“, den die privaten TV-Anbieter nicht zu erbringen haben.
In diesem Zusammenhang gestatte ich mir den Hinweis, dass es sich um einen weit verbreiteten Irrtum handelt, das private Fernsehen sei „kostenlos“ und ohne Zwang. Die privaten Sender finanzieren sich über Werbeeinnahmen. Das heißt, mit jedem Gang zur Supermarkt-Kasse entrichten die Verbraucherinnen und Verbraucher einen „Privatfernsehen-Beitrag“ - auch nicht ganz freiwillig. Denn niemand kann auf Dauer seinen Kühlschrank leer lassen.
Aus diesen Gründen lehnen wir die Empfehlungen des Professoren-Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium strikt ab. Denn die darin geforderte Steuerfinanzierung von ARD und ZDF oder gar der Vorschlag eines öffentlich-rechtlichen „Abo-Fernsehens“ hat zum Ziel, die öffentlich-rechtlichen Sender in der Konkurrenz zu den privaten Anbietern zu schwächen und ihren grundgesetzlichen Auftrag zu unterhöhlen.
Ich teile ihre Kritik an der alleinigen medienpolitischen Zuständigkeit der Bundesländer. Diese ist nicht mehr zeitgemäß. Als LINKE im Bundestag plädieren wir für die Einführung eines für Medien und Kommunikation zuständigen Bundesministeriums. Gegenwärtig bestehen aber keine Aussichten, diese Forderung auch verwirklichen zu können, weil das Grundgesetz geändert werden müsste.
Die dafür erforderliche 2/3-Mehrheit im Deutschen Bundestag ist allerdings in weiter Ferne. Realistischer ist die Einführung einer Bund-Länder-Medienagentur. Aber auch dafür müssen noch dicke Bretter gebohrt werden.
Mit Ihnen bin ich der Meinung, dass es an der Zeit ist, über grundlegende Reformen des öffentlich-rechtlichen Systems nachzudenken, freilich nicht mit dem Ziel seiner Aufhebung. Im Gegenteil bin ich der Meinung, dass auch im Zeitalter des Internets das öffentlich-rechtliche Prinzip eine Zukunft hat.
Und da Sie auch nach ihre eigenen Klagemöglichkeiten fragen: die haben Sie als Einzelperson nur über eine Verfassungsbeschwerde. Deren Aussichten werden wohl leider nicht so rosig sein, zumal sie wirklich nur die Chance haben, über die "Tippel- Tappel- Tour" (also jede Instanz) den EZ- Gebührenbescheid anzugreifen. Damit können Sie jedoch nicht Ihr Ziel, Rundfunk zur Bundesangelegenheit zu machen, erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ruth Kampa
Justitiarin