Frage an Gregor Gysi von Julia G. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Gysi,
In Thüringen will die neue Landesregierung unter Führung Ihrer Partei das Landeserziehungsgeld ersatzlos abschaffen. Vielen jungen Familien in Thüringen fehlen damit zukünftig 150€ monatlich im Geldbeutel.
Warum betreibt Ihre Partei neuerdings solche Sozialkürzungen?
Dass Ihre Partei in Thüringen ein beitragsfreies Kita-Jahr einführen will, ist ja in Ordnung. Aber warum müssen dazu massive Sozialkürzungen bei den jungen Familien vorgenommen werden? Warum holt man sich das Geld für das kostenfreie Kita-Jahr nicht woanders, zum Beispiel dort wo mehr als genug Geld vorhanden ist, bei den Reichen und Konzernen? Ich dachte immer Die Linke wäre eine Partei für die kleinen Leuten. Und nun kürzen Ihre Genossen in Thüringen ausgerechnet den jungen Familien das Geld aus der Tasche.
Ich war immer eine Anhängerin Ihrer Partei, weil sie sich für die kleinen Leute und gegen Sozialkürzungen einsetzt und weil sie sich das Geld für öffentliche Aufgaben dort holen will, wo es mehr als genug davon gibt.
Umso mehr bin ich nun enttäuscht, dass ausgerechnet eine Landesregierung, die von Der Linken angeführt wird solche drastischen Sozialkürzungen für Familien vornimmt.
Mich würde Ihre Meinung dazu interessieren, ob Sie persönlich dieses Vorhaben in Thüringen unterstützen und ob Sie keine Bedenken gegenüber den Familien haben, denen nun für die Zukunft eine wichtige finanzielle Unterstützung weggenommen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Julia Grell
Sehr geehrte Frau Grell,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 22.12.2014.
Das Landeserziehungsgeld war wie das Betreuungsgeld des Bundes daran gebunden, dass die Eltern ihr Kind nicht in eine Kindertageseinrichtung bringen. Damit wird ein materieller Anreiz geschaffen, Kinder nicht sozial in Kindertagesstätteneinrichtungen lernen zu lassen. In Norwegen gab es ein solches Betreuungsgeld auch, das inzwischen abgeschafft wurde, weil festgestellt wurde, dass insbesondere arme Familien dann auf den Besuch ihrer Kinder in Kindertagesstätteneinrichtungen verzichteten, um das Geld zu erhalten. Wir sind daran interessiert, dass die Kinder Kindertagesstätteneinrichtungen besuchen und wollen deshalb kein Geld dafür bezahlen, dass Eltern auf einen solchen Besuch verzichten.
Ich begrüße die Maßnahme, ein Jahr des Kindertagesstättenbesuchs gebührenfrei in Thüringen zu gestalten. Allerdings müsste der Bund noch die Kraft finden, dafür zu sorgen, dass bundesweit der gesamte Besuch von Kindertagesstätteneinrichtungen unter Einschluss eines vollwertigen gesunden Mittagessens gebührenfrei erfolgen kann. Das schafft ein Bundesland allein nicht, aber der Bund wäre dazu in der Lage.
Allerdings bleibt es beim Betreuungsgeld des Bundes. Das können Sie weiterhin in Anspruch nehmen, wenn Sie Ihr Kind nicht in eine Kindertageseinrichtung schicken. Allerdings finde ich auch dieses Betreuungsgeld des Bundes falsch.
Mit freundlichen Grüßen
Gregor Gysi