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Gregor Gysi
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Frage von Georg Z. •

Frage an Gregor Gysi von Georg Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Gysi,

ich ersuche um baldige Mitteilung, ob Sie gegen das am 11.07.2014 vom Bundespräsidenten ausgefertigte dreißigste Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes klagen und dieses durch das Bundesverfassungsgericht prüfen lassen werden.

Die Sprecherin des Bundespräsidenten selbst teilte dazu mit:

"Im Ergebnis waren die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht so durchgreifend, dass sie den Bundespräsidenten an einer Ausfertigung gehindert hätten."
Wie Sie wissen, haben viele Bürger und anerkannte Staatsrechtler wie Herr Prof. von Arnim weiter sehr große verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Gesetz.

Ich verweise hierzu auf
1.) die öffentliche Petition "Keine Diätenerhöhung für Abgeordnete" www.openpetition.de oder
2.) die Stellungnahme von Herrn Prof. von Arnim zur verfassungswidrigen Diätenerhöhung für Abgeordnete www.stern.de

Herr Prof. von Arnim stellt hierzu u. a. fest:

"Ich habe … keinen Zweifel (an der Verfassungswidrigkeit des Diätengesetzes), ebenso wie auch die ganz große Mehrheit der anderen staatsrechtlichen Autoren. Wir können uns dabei auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts stützen …

Die geplante Abgeordnetenrente ist ein großes Privileg, das sich die Volksvertreter in eigener Sache bewilligen. Für ein einziges Jahr im Parlament erwerben die Abgeordneten einen monatlichen Versorgungsanspruch von 227 Euro. Das ist achtmal so viel wie ein normaler Arbeitnehmer für ein Arbeitsjahr erwirbt. Der bekommt nämlich für ein ganzes Arbeitsjahr eine monatliche Rente von 28 Euro. Unabhängig davon gibt es im Gesetzentwurf eine größere Zahl von Regelungen, die mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unvereinbar und deswegen verfassungswidrig sind."

Werden Sie auf rasche einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts dringen?

Freiwillige Spenden, wie von der Linken vorgeschlagen, schaffen hier keine wirkliche Lösung. Andere politische Fragen lassen Sie auch stets vom Bundesverfassungsgericht prüfen!

Viele Grüße

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Zenker,

Ihre Nachricht vom 13. August hat mich erreicht.

Zunächst kann gegen ein Gesetz nur mit den Stimmen von einem Viertel der Abgeordneten geklagt werden. Eine solche Stimmenzahl ist mit Sicherheit nicht zu erreichen. Ferner kann geklagt werden, wenn eigene Rechte verletzt werden. Hier gibt es folgende Schwierigkeit. Der Bundestag entscheidet allein über die Höhe der Diäten. Deshalb ginge es gar nicht um diese Frage, die so gravierend ist. Was verfassungsrechtlich bedenklich ist, ist ein anderer Umstand. Nach der Diätenerhöhung vom 1. Juli 2014 und vom 1. Januar 2015 soll es ab 2016 eine jährliche Anpassung in Höhe der durchschnittlichen Lohnsteigerung geben. Dieser Automatismus soll dem Grundgesetz widersprechen, wonach der Bundestag die Erhöhungen immer zu beschließen hat. Der Bundestag geht davon aus, dass dies dennoch verfassungskonform sei, weil er immer einen entsprechenden Beschluss fasse, auch wenn im Gesetz steht, dass es sich um die durchschnittliche Lohnerhöhung handeln soll. Die Anpassung der Diäten an die durchschnittliche Lohnerhöhung finde ich nicht schlecht, weil die Bundestagsabgeordneten erstmalig daran interessiert sein müssten, dass es eine hohe durchschnittliche Lohnerhöhung gibt. Bisher hat die Mehrheit immer eher für das Gegenteil gesorgt. Wenn man also etwas korrigiert bekäme, dann wäre es nur diese Anpassung an die Lohnentwicklung, die ich aber nicht für negativ halte, weil sie solche Diätensteigerungen, wie sie jetzt beschlossen wurden, ausschließt. Die Diätensteigerungen werden übrigens damit begründet, dass im Gesetzt steht, dass die Abgeordneten dasselbe verdienen sollen wie die Richter am Bundesgerichtshof.

Ich werde also rechtlich dagegen nicht vorgehen, aber immerhin hat meine Fraktion entschieden, den Nettomehrbetrag zu spenden. Unsere erste Spende - 100.000,00 € - geht an die 15 SOS-Kinderdörfer in Deutschland.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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