Frage an Gregor Gysi von Martin H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,
vor einiger Zeit habe ich mich bezüglich der Neuregelungen der Abgeordnetenbezüge von Mitgliedern des Deutschen Bundestages an Sie gewandt. Damals teilten Sie mir mit, dass Ihre Juristen eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht noch prüfen würden. Mittlerweile habe ich erfahren, dass der Bundespräsident das neue Gesetz unterzeichnet hat und es damit in Kraft treten kann. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die beschlossenen Änderungen nicht verfassungskonform sind und möchte Sie bitten, mit kurz mitzuteilen, was Ihre Prüfung ergeben hat.
Herzlichen Dank im vorraus und mit sonnigen Grüßen
Martin Hellwig
Sehr geehrter Herr Hellwig,
Ihre Nachricht vom 12. Juli hat mich erreicht.
Das Problem besteht in der Zulässigkeit einer Organklage. Nach dem Grundgesetz können nur ein Viertel der Abgeordneten gegen ein Gesetz klagen, wenn sie es für verfassungswidrig halten. Es besteht keine Chance, so viele Abgeordnete diesbezüglich zu überzeugen. Dann kann noch geklagt werden, wenn die Rechte des Bundestages verletzt werden. Das gilt auch, wenn die Rechte einer Fraktion oder der Opposition oder von Abgeordneten verletzt werden. Hier ist es sehr schwierig, einen Weg zu finden. Die Höhe der Diäten interessiert das Bundesverfassungsgericht nicht. Das einzige verfassungsrechtliche Problem besteht darin, dass es einen gewissen Automatismus hinsichtlich der Erhöhung der Diäten nach der durchschnittlichen Lohnerhöhung geben soll. Der Bundestag muss aber immer wieder über die Diätenerhöhung beschließen.
Selbst wenn es einen Weg gäbe, eine solche Klage zulässig zu gestalten, könnte höchstens aufgehoben werden, dass sich künftig die Diätenerhöhung nach der durchschnittlichen Lohnerhöhung richtet. Das wäre aber kein Gewinn, weil dann der Bundestag viel höhere Diäten festsetzen könnte. Die künftige prozentuale Bindung an die durchschnittliche Lohnerhöhung hat sogar den Vorteil, dass die Bundestagsabgeordneten ein eigenes Interesse an einer möglichst hohen durchschnittlichen Lohnerhöhung haben.
Wenn es überhaupt einen zulässigen Weg gäbe, könnte als ein Ergebnis entstehen, das aus mehreren Gründen nicht befriedigend ist, im Gegenteil.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi