Frage an Gregor Gysi von Helmut S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Rechtmäßigkeit der gegenwärtigen Regierung der Ukraine
Sehr geehrter Herr Gysi,
Sie stellen die Rechtmäßigkeit der gegenwärtigen Regierung mit dem Hinweis in Frage, dass der frühere Präsident Janukowitsch nicht mit der verfassungsmäßigen Mehrheit (75% erforderlich, 72,88 % erreicht) im Parlament abgewählt worden sei.
Was wäre Ihrer Meinung nach unter den gegebenen Umständen (Flucht des Präsidenten etc.) das verfassungsgemäße Verfahren gewesen. Sie sind ja auch Politiker und nicht nur Jurist.
Lag in der konkreten Situation nicht ein verfassungsrechtliches Dilemma vor, d.h. jede denkbare Entscheidung hätte eine Verletzung der Verfassung impliziert, weil - wie ich vermute - ein längerer Zustand ohne Präsidenten ebenfalls mit der Verfassung nicht vereinbar gewesen wäre.
MfG
Helmut Suttor
Sehr geehrter Herr Suttor,
Ihre Nachricht vom 7. Mai hat mich erreicht.
Ich habe dieses Argument im Zusammenhang damit verwandt, dass die Bundeskanzlerin hinsichtlich der Unzulässigkeit der Abstimmung in der Krim sich auf dieselbe ukrainische Verfassung gestützt hat. Ich wollte nur sagen, entweder gilt sie noch oder sie gilt nicht mehr. Es ist richtig, dass der Präsident dann sich nach Russland abgesetzt hat. Hier hätten sowie so Maßnahmen ergriffen werden müssen. Allerdings muss ich den Unterzeichnern des Vertrages beim Präsidenten vorwerfen, dass sie sich auf den davor liegenden Platz nicht für die Umsetzung des Abkommens eingesetzt haben, was offensichtlich mit zur Flucht des Präsidenten beigetragen hat.
Was mich aber am meisten stört, ist, dass an der Regierung nicht irgendwelche Rechtsnationalen, sondern wirkliche Faschisten beteiligt sind. Gerade die deutsche Bundesregierung hätte sagen müssen, dass das auf gar keinen Fall geht. Man hätte die Regierung auch ohne Faschisten bilden können, um dann Verhandlungen zu führen. Auf jeden Fall brauchen wir demokratische faire international beobachtete Wahlen für eine neue Präsidentin bzw. einen neuen Präsidenten und auch für ein neues Parlament, um wieder eine legitime Struktur zu erhalten.
Um nicht missverstanden zu werden, die Abtrennung der Krim halte ich unabhängig von dem Volksentscheid für völkerrechtswidrig, da ein Territorium nur mit Genehmigung des Staates, zu dem das Territorium gehört, abgetrennt werden darf. Eine solche lag bekanntlich nicht vor.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi