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Gregor Gysi
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Frage von Brian F. •

Frage an Gregor Gysi von Brian F. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

bei der Geldschöpfung in unserem verzinsten Schuldgeldsystem, wird der Zins nicht mitgeschöpft und somit müssen immer neue Schulden gemacht werden, um die Zinsen zahlen zu können.

Die oberste Maxime der Politik ist: Wachstum!
Dies ist tatsächlich Alternativlos in einem verzinsten Schuldgeldsystem. Da aber unendliches Wachstum in einem endlichen System nicht möglich ist, kommt es immer wieder zu einem Crash und anschließend zu Krieg und Elend.

Die Linke wäre die einzige Partei, der ich zutrauen würde, unser verzinstes Schuldgeldsystem überwinden zu können. Leider habe ich dazu nicht ein Satz im neu beschlossenen Parteiprogramm gefunden und mir sind auch keine kritischen Aussagen führender Parteimitglieder dazu bekannt.

Warum halten Sie daran fest, obwohl es mathematisch eindeutig ist, dass es nicht funktionieren kann und offensichtlich nur einer internationalen Finanzoligarchie nutzt? Was würden Sie bei beibehaltung des Zinssystems ändern wollen, um den daraus resultierenden Wachstumszwang zu verhindern?

Wäre ein umlaufgesichertes Geld (auch Freigeld oder Schwundgeld), wie es z.B. Andreas Popp beschreibt, nicht das bessere Geldsystem?
http://www.wissensmanufaktur.net/plan-b

Mit freundlichen Grüßen

Brian Finn

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Sehr geehrter Herr Finn,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 19. Dezember, die ich mit Interesse zur Kenntnis genommen habe. Ich habe sie auch an die Abgeordnete Dr. Barbara Höll weitergeleitet. Vielleicht könnten Sie mit ihr diesbezüglich korrespondieren.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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Sehr geehrter Herr Finn,

Ihre Anfrage an meinen Kollegen Dr. Gregor Gysi wurde an mich weiterreicht, mit der Bitte Ihnen eine Antwort zukommen zu lassen, was ich hiermit gerne tue.

Das Thema Geldpolitik und Geldtheorie ist ein sehr komplexes und kontrovers diskutiertes Themengebiet, auf dem ich keine Expertin bin. Dennoch weiß ich, dass es hier kein einfaches „richtig“ oder „falsch“ geben kann. Eine Festlegung, zum Beispiel im Parteiprogramm, gibt es daher nicht. Selbst unter Geld- und FinanzmarktexpertInnen gibt es sehr unterschiedliche Meinungen, begründet selbstverständlich in ihrem jeweiligen Theoriegebäude. Wachstum ist nicht unendlich, dennoch muss in diesem Zusammenhang immer auch die Verteilung beachtet werden. Wachstum an sich zu kritisieren halte ich für zu kurz gegriffen. Es muss geschaut werden, wie das Wachstum zustande kommt, wo es her kommt (wie wurde es generiert) und welche Auswirkungen es hat. Das kann man national wie international betrachten.

Allein davon auszugehen, dass das verzinste Schuldgeldsystem nachweis ursächlich für die Verelendung und Krieg sei halte ich ebenso für zu kurz gegriffen. Dirk Müller äußerte sich zu diesem Thema mehrfach und profiliert sich als populärer Kritiker des Börsengeschehens. Die Börse ist aber auch – gar ein wichtiger – Teil des Finanzmarktes. Übrigens taucht das Problem einer vermeintlich zu laschen Geldpolitik der Zentralbanken auch in den Äußerungen von Dirk Müller auf. Damit wären wir dann bei dem praktischen Ansatzpunkt der Geldtheoretiker, die mit ihren Bildern die monetaristische Position wissentlich/unwissentlich stützen, die ihrerseits in der falschen Geldpolitik der Zentralbanken ein entscheidendes Problem ausmachen.

Meines Erachtens wird in der von Ihnen angesprochenen Thematik das ökonomische System stark auf die Ebene des finanziellen Kapitals verkürzt. Allerdings geht es hier vielmehr als nur um das Geld. Es geht um handfeste Interessenkonflikte im Produktions-, Reproduktions- und Zirkulationsbereich. Hierzu gibt es zahlreiche Positionen.

Ebenso ein Kritikpunkt, es fehlt m. e. ein hinreichendes Verständnis davon, wie Forderungen und Verbindlichkeiten im finanziellen Sektor wechselseitig verbunden sind, unterschiedliche Formen von cash flows generieren und welcher hierarchische Zusammenhang zwischen dem privaten Finanzsektor und den Zentralbanken besteht. Auch besteht m. e. eine große Lücke, da kein Unterschied zwischen der Geldanlage und Spekulation gemacht wird sowie die Bedienung des Kreditzinses etc. sehr in den Hintergrund rücken, bzw. nicht dementsprechend argumentativ berücksichtigt werden. Natürlich sind Zinsen im bestehenden System sowohl vom Kreditnehmer zu zahlen, als auch Bestandteil von Einkommen bei Kreditgebern/Anlegern. Inwiefern diese jeweils überzogen und/oder zu hoch sind, liegt manchmal im Auge des Betrachters. Eine Skandalisierung ist aus verschiedensten Gesichtspunkten natürlich möglich oder eben auch nicht. Klar ist, das es in einer Marktwirtschaft (preisgesteuertes System) einen Zins geben muss.

Insgesamt sind also unzählige Grundannahmen nicht haltbar und es gibt seit Jahrzehnten eine Vielzahl von argumentativen Leerstellen. Daher lehnen wir die Theorievorschläge wie Freigeld oder Schwundgeld ab.

Mit freundlichen Grüßen
Barbara Höll

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