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Gregor Gysi
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Frage von Werner B. •

Frage an Gregor Gysi von Werner B. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi

Ich habe mir ihre Redebeiträge im Bundestag zur Erweiterung sowie zur Hebelwirkung des EFSF in youtube angesehen und muss schon sagen, dass einmal ein Abgeordneter der Linken so unverblümt die Wahrheit offenbaren würde, während sich der Rest der Opposition hinter der Merkel-Regierung verstecken würde, hätte ich nicht gedacht.
Aber ich habe eine konkrete Frage zu der beabsichtigten Versicherungslösung, die ja neben der Fondslösung zum Einsatz kommen soll. Dabei sollen ja z.B. 20% bei einem Schuldenschnitt übernommen werden. Meine Frage zielt darauf ab, welches Ausfallrisiko konkret übernommen werden soll. Ich habe hierzu ein Beispiel gewählt und der Einfachheit halber bin ich von einer Staatsanleihe i. H.v. 100 Einheiten ausgegangen.
Ausgangsfall:
Ein Investor zeichnet eine Anleihe von 100 mit einer Laufzeit von 10 Jahren und einem Zinssatz von 10%. Die Anleihe wird regülär bedient. Dann werden 10 x 10 Einheiten = 100 Einheiten an Zinsen fällig und nach 10 Jahren werden die 100 Einheiten zurückgezahlt. Der Investor erhält also insgesamt 200 Einheiten.
Abwandlung:
Nach 10 Jahren fristgerechter Zinsbedienung zahlt der Schuldner nur 50% seiner Schuld zurück. Der Investor erhält ohne Beteiligung des EFSF 100 Einheiten Zinsen und 50 Einheiten Tilgung, insgesamt also 150 Einheiten. Sein Ausfall beträgt 50 Einheiten gegenüber der Regulärerwartung. Was übernimmt jetzt der EFSF:
a) 20% des Nominalbetrages (100) = 20 Einheiten öder
b) 20% des Ausfalls (50) = 10 Einheiten

Je nachdem, ob nun vom EFSF 10 oder 20 Einheiten bezahlt werden, erhält der Investor 80% (160) oder 85% (170) der Regulärerwartung .

Die Beispiele zeigen, dass sich das Risiko des EFSF umso mehr erhöht, je früher der Schuldenschnitt erfolgt bzw. je höher der Haircut ausfällt und je höher der vereinbarte Zins beträgt. Und das Ganze hängt zusätzlich noch von Laufzeit der Staatsanleihe ab. Wer von den Abgeordneten im Bundestag hat diese Zusammenhänge verstanden?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Biedermann,

Ihre Nachricht vom 27. Oktober hat mich erreicht.
Inzwischen gibt es eine Änderung. Die Banken wollen nunmehr auf 50 % des Nominalwertes der Staatsanleihen verzichten. Das hängt allerdings damit zusammen, dass sie beim Verkauf auf dem freien Markt nur noch 40 % des Nominalwertes erreichten. Sie verzichten auf die 50 %, weil die Sicherheit für die übrigen 50 % der Rettungsschirm übernimmt. Die "Versicherungsidee" liegt noch nicht endgültig vor. Wahrscheinlich geht es nicht um 20 %, sondern um 25 %. Diese werden aber nur gewährt für die neu ausgegebenen Staatsanleihen als Ersatz für die früheren Staatsanleihen. Das bedeutet, dass der Rettungsschirm dann für die ersten 25 % bei einem Verlust haftet. Die Banken müssten sich dann nur noch für den Vorgang interessieren, wenn der Verlust größer als 25 % wäre.

All das ist indiskutabel. Die Banken haben schon reichlich Geschäfte gemacht und das, was sie schon einmal bezahlen, mehrfach zurückbekommen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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