Frage an Gregor Gysi von Gisela W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter herr dr. gysi,
20 schädel der herero wurden „zurückgegeben“.
(sorry wg.kleinschreibung, da rheuma).
1, Was sagt ihre fraktion, ihre partei zu dem vorgang?
2. wo finde ich dazu von Ihnen, ihrer fraktion bzw. partei veröffentlichungen und aktionen?
(Leider bin ich teilweise behindert und kann deswegen nicht alles „googeln“)
3. Wo finde ich ihre vorschläge bzgl. Aufnahme der aufklärung über genozid an herero und nama in dtsch. Schulbücher bzw. curricula?
4. Was sagen sie bzw. ihre fraktion und partei zum thema hagenbeck in hamhurg – eimsbüttel (da wohne ich) und dessen vergangenheit (menschenzoos)?
Mit freundlichen Grüßen
g.walk
Sehr geehrte Frau Walk,
Ihre Fragen haben mich erreicht. Ich habe sie zuständigkeitshalber an die Abgeordneten Wolfgang Gehrcke und Jan Korte mit der Bitte weitergeleitet, Ihnen eine Antwort zukommen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gregor Gysi
Liebe Gisela Walk,
ja, Gregor Gysi hat mich gebeten, die Beantwortung zu übernehmen, nur ist das Prozedere hier bei abgeordnetenwatch.de ein anderes, als zwischen den Abgeordnetenbüros in Berlin.
Ich will sehr gern auf die Fragen antworten, auch weil ich mir ziemlich sicher war, mich aus meiner Hamburger Zeit an Dich erinnern zu können. (Die Bestätigung habe ich ja nun auch mit der direkten Anfrage bekommen - es wäre schön, wenn wir demnächst direkt Kontakt aufnehmen könnten.)
Nun erstmal zu den Fragen:
1. Der gesamte Vorgang ist so ungeheuerlich, dass man ihn kaum „normal“ beschreiben kann. Der Völkermord an den Herero und Nama, für den das Deutsche Kaiserreich und insbesondere der General von Trotha verantwortlich ist, ist international juristisch als ein solcher eingeordnet. In der deutschen Geschichtsschreibung ist dieses finstere Kapitel noch immer verdrängt. Alle Bundesregierungen haben sich bisher geweigert, diesen Tatbestand anzuerkennen, auch um Wiedergutmachungsforderungen nicht zuzulassen. Selbst die ehemalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die im Jahr 2004 zu dieser Problematik in Namibia gesprochen hat, hat bewusst betont, dass sie diese Rede in ihrem eigenen Namen, nicht namens der Bundesregierung hält. Immerhin, sie hat persönlich ein Zeichen gesetzt, doch aus dieser moralischen Rede erfolgten keine rechtlichen Reaktionen. Politisch unbefriedigend.
Die Rede von Frau Staatsministerin Cornelia Pieper dagegen hatte noch nicht einmal diese moralische Kategorie. Die Gäste aus Namibia darüber zu belehren, dass es in Deutschland Redefreiheit gäbe, ist eine Ungeheuerlichkeit gemessen an dem Anlass.
2. Die Fraktion DIE LINKE. hat die Bundesregierung mehrfach darum gebeten, gerade aus diesem Anlass sehr sensibel zu agieren. Ich habe das im Auswärtigen Ausschuss angemahnt und zusätzlich am Vorabend noch einmal den Staatsminister Dr. Werner Hoyer direkt darum gebeten. Mein Schreiben an ihn ist von der Delegation sehr positiv aufgenommen worden und wurde auch in der namibischen Presse veröffentlicht. Mein Kollege Niema Movassat und sein Büro hatten die Delegation empfangen und waren bei einer Reihe der Veranstaltungen mit dabei.
Inhaltlich haben wir uns im März 2007 mit einem eigenen Antrag an den Bundestag und die Regierung gewandt (Drs. 16/4649). Dieser Antrag ist, wie so viele der LINKEN, von den anderen Parteien abgelehnt worden.
3. Zur Frage der Schulbücher haben wir uns bislang nicht eigenständig geäußert, zumindest ist mir dazu nichts bekannt. Herzlichen Dank für diesen Hinweis – wir werden sicher hier noch einiges unternehmen. Wir hatten allerdings in dem Antrag von 2007 die Notwendigkeit der Intensivierung von Jugend- und Bildungsarbeit betont.
4. Das Thema Hagenbeck ist, wie so viele Themen in Hamburg, was die Kolonialgeschichte angeht, ein finsteres. Ich weiß, dass in den Gründungszeiten dieses Tierparks dort auch Menschen anderer Hautfarbe ausgestellt wurden und, wenn ich mich richtig erinnere, war der Haupteingang nicht nur mit Elefantenköpfen, sondern auch mit zwei Menschenfiguren, einem Indianer und einem Schwarzafrikaner „verziert“. Ich weiß nicht genau, ob das auch heute noch der Fall ist, aber ich nehme das als einen Hinweis, unsere Fraktionen in der Bürgerschaft und in der Bezirksversammlung Nord zu bitten, dieser Frage nachzugehen, denn auch hier wird ein nicht unwesentlicher Teil der Geschichte einfach ausgeblendet.
Zu meinen Zeiten stand vor der Hamburger Universität noch ein Denkmal für einen zweiten in Hamburg geehrten „Kolonialkrieger“, den Herrn Wissmann. Wir haben damals versucht, das Denkmal zu stürzen. Ich erinnere mich allerdings nicht mehr genau, wie weit wir damit gekommen waren.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Gehrcke