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Frage von Damiano R. •

Frage an Gregor Gysi von Damiano R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Hr. Gysi,

Im Thema Libyen stimme ich größtenteils mit Ihnen überein, was den Punkt angeht wie es überhaupt zu dieser Entwicklung in Libyen kommen konnte und ich finde es pervers was dort die letzten Jahre abgelaufen ist. Da ist das Öl natürlich mal wieder ein ausschlaggebender Faktor.

Sie antworteten auf eine Ähnliche Frage hier bereits:
"Wir wären in der Lage gewesen, Libyen solange zu isolieren, bis Gaddafi hätte aufgeben müssen. Wir hätten die Demokratie und Freiheitsbewegung auch anders als mittels Bomben unterstützen können."

Dies mag richtig sein. Doch in der Lage der Libyen sich zu dem Zeitpunkt bereits befunden hat, hätte dieses "auf Zeit spielen" nicht dafür gesorgt das Gaddafis Anhänger tausende Menschen exekutiert hätte? Es gibt Bilder, Videos und Berichte denen zufolge Gaddafi in Benghazi Scharfschützen hatte, welche wahllos jeden erschossen haben der auf die Straße gegangen ist. Und das nicht bei einer Demonstration. Sondern einfach so irgendwelche Bürger. Es wurde teilweise wahllos mit Panzern und Artillerie auf irgendwelche Wohnhäuser in Benghazi geschossen.
Ich war mein leben lang ein sehr strenger Pazifist. Als ich mich damals jedoch ausführlichst über die aktuelle Lage in Benghazi informierte, war ich zum ersten Mal dafür das sich "der Westen" militärisch einmischt. Ich glaube das wesentlich mehr Menschen gestorben wären, wenn man sich zu dem Zeitpunkt militärisch rausgehalten hätte.

Es hätte natürlich niemals zu dieser Situation kommen dürfen. Und das es dazu gekommen ist, daran sind ganz klar sehr viele westliche Länder, auch unseres, Schuld. Aber das war zu dem Zeitpunkt ja nun kein Argument. Die Situation war dann halt schon so, da ist es ja egal wieso es dazu gekommen ist und wer Schuld ist. Die Menschen dort wären in Massen abgeschlachtet worden, wenn nicht eingegriffen worden wäre. Glauben Sie das dies nicht stimmt? Oder sind Sie der Meinung das man das dann halt in Kauf nehmen müsse?

Liebe Grüße
Damiano

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Sehr geehrter Herr Rühl,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 25. September.

Das Problem bestand darin, dass keine Abriegelung des Landes Libyen erfolgte. Wäre diese Abriegelung erfolgt, wären Gaddafi relativ zügig die Waffen ausgegangen. Das hätte viele erleichtert. Aber man nahm in Kauf, diesen Weg nicht gehen zu können und entschied sich sehr schnell für den Weg der Bomben. Ansonsten verstehe ich sehr gut die Schwierigkeit der Situation, die Sie beschreiben. Auf der anderen Seite kann es auch nicht so sein, dass wir erst an Gaddafi Waffen liefern, um dann mit Bomben gegen ihn vorzugehen. Welche Strategie soll denn glaubwürdig und überzeugend sein? Vor allem können mir alle Befürworter der Bomben nicht erklären, warum sie keine für Syrien fordern. Dort gibt es schon mehr tote Zivilistinnen und Zivilisten als zum Zeitpunkt des Beginns des Bombardements auf Libyen. Ich denke das hat nur einen Grund: Syrien besitzt wenig und Libyen viel Erdöl.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gysi

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