Frage an Gregor Gysi von Beate R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Gysi,
in der öffentlichen Wahrnehmung ist aus der ´Finanzkrise´ eine ´Staatsschuldenkrise´ geworden.
Werde ich es noch in dieser Legislaturperiode erleben:
dass eine öffentlichen Prüfung der Staatsverschuldung durchgeführt wird, um ihre Ursache zu bestimmen sowie eine Bestimmung der bedeutendsten Inhaber dieser Schuldverschreibungen, als auch der Summen, die von ihnen gehalten werden.
z.B.
Warum wurde 2006 die Mehrwertsteuer um 3% erhöht und warum werden seitdem die gesamten Einnahmen an die Unternehmen in Form von Steuer- und Sozialbeitragssenkungen ausgeschüttet?
Ist dies in einer Währungsunion erlaubt?
Sehr geehrte Frau Richter,
zunächst glaube ich, dass es eine Falschdarstellung ist, dass wir es mit einer "Staatsschuldenkrise" zu tun haben. In Wirklichkeit sind die Staatsschulden in bestimmten Ländern gar nicht so hoch, die dennoch in eine Krise geraten. Es hat in erster Linie damit zu tun, dass die großen privaten Banken, Fonds, Versicherungen und Hedgefonds ein ungeheures Spekulationsspiel betreiben, das ihnen leider auch erlaubt wird. Sie mehren den Reichtum in wenigen Händen und sorgen gleichzeitig für immer mehr Armut. Die Politik rennt diesen Einrichtungen nur hinterher, statt ihnen die Stirn zu bieten.
Natürlich ist die Staatsverschuldung auch ein Problem. Sie kann nur dadurch gelöst werden, dass endlich begriffen wird, dass der Bundeshaushalt sich anders verhalten muss als ein Privathaushalt. Wir brauchen Steuergerechtigkeit, d.h. höhere Abgaben von den Vermögenden und den Besser- und Bestverdienenden und Entlastung für die Normalverdienenden und erst Recht für die armen Teile der Bevölkerung. Wir brauchen auch gerechte Unternehmenssteuern. Abgesehen davon muss ein Bundeshaushalt investieren, wenn wenig Steuern fließen, weil dann die Wirtschaft schwach ist. Dann aber, wenn die Steuereinnahmen steigen, muss eingespart werden. Die meisten Regierungen handhaben es exakt umgekehrt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi