Frage an Gottfried Ludewig von Amalia E. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Dr. Ludewig,
derzeit forcieren die FDP und Väterrechtsgruppen massiv das sogenannte „Wechselmodell“. Dies soll nach der Trennung der Eltern nun gerichtlich angeordnet werden können, nach Wunsch mancher Interessengruppen sogar als Standard.
Was sich zunächst gut anhört, wird von Experten sehr kritisch beurteilt. Der renommierte Kinderpsychiater, Prof Dr Winterhoff, sagt zum Beispiel, dass Kinder zuallererst ein stabiles Umfeld und verlässliche Maßstäbe brauchen. Das Kind sollte seiner Meinung nach bei dem Elternteil die meiste Zeit verbringen, der vor der Trennung den größten Teil der Erziehungsarbeit übernommen hat. Sonst verliere das Kind nach der Trennung auch seine Hauptbezugsperson, was mit einem Vertrauensverlust einhergeht. Wenn das Kind dauernd die Umgebung wechsele, werde es ständig raus gerissen.
Auch der Bundesgerichtshof hat mit der sogenannten kindeswohlorientierten Einzelfallbetrachtung hohe Anforderungen formuliert. Für die Praxis ist bisher zu erwarten, dass eine gerichtliche Anordnung des paritätischen Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils sich auf wenige Konstellationen beschränken wird.
Ferner gibt es keine Studien, die belegen, dass ein Wechselmodell gesund für Kleinkinder ist. Bisher existieren lediglich Studien über freiwillig gelebte Wechselmodelle, in Ländern, in denen Väter von Anfang an in die Kindesbetreuung einbezogen werden (Skandinavien). Dafür gibt es aber einige Studien, die belegen, dass Konflikte im Zusammenhang mit häufigen Umgangskontakten oder Wechselmodell zu Entwicklungsverzögerungen oder psychischen Auffälligkeiten bei Kleinkindern führt.
Wird die CDU das Wechselmodell als Standard nach einer Trennung anordnen? Oder darf von den Familiengerichten auch in Zukunft das individuell geprüfte Kindeswohl in Betracht gezogen werden, um den Umgang der Eltern mit ihrem Kind nach der Trennung zu beurteilen?
Vielen Dank für Ihre Antwort und toi toi toi für den Endspurt!
A. E.